Zwei Dinge wusste Philosoph Lukrez bestimmt: dass die Seele sterblich ist und „dass nichts von nichts entstehen kann“. Das war so um 70 v. Chr. 1606 ließ dann Shakespeare seinen König Lear „Nothing can come of nothing“ sagen. Ende Mai 2023 sitzen wir im Besprechungszimmer der Volksopern-Direktorin Lotte de Beer, und Christian Zeller zuckt freundlich, fast schon entschuldigend mit den Schultern und meint: „Es mag trivial klingen, aber von nichts kommt nichts.“

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Recht hat er. Christian Zeller ist ein freundlicher, sympathischer Mann. Er hat einen festen Händedruck und setzt seine Sätze überlegt. Man braucht nicht lange, um zu bemerken, dass hier jemand über eine recht bestimmte Persönlichkeit verfügt. Christian Zeller und seine Privatstiftung gehören zu den wichtigsten privaten Kultursponsoren des Landes. Selfmademan Zeller, der auch das Südbahnhotel am Semmering besitzt und es kulturell bespielen lässt, finanziert hier im rosa Haus am Gürtel das Opernstudio. „Die Sterne von morgen. Fördern wir heute.“ Das ist das Motto seiner Stiftung. Passt. Sechs internationale Sänger*innen und ein Pianist werden im Opernstudio zwei Jahre lang auf dem Weg zwischen Studium und Berufsleben begleitet. Man bietet regelmäßig Coachings, Meisterkurse, Schauspiel-, Tanz- und Sprachunterricht sowie Workshops (die sie auf die mentalen und körperlichen Herausforderungen des Künstler*innenalltags vorbereiten sollen), Vorsingen, Tools für ihr Karrieremanagement und natürlich die Möglichkeit, in eigenen Opernstudio-Produktionen, aber auch auf der Bühne der Volksoper die ersten Schritte zu machen.

Ende April zeigten die jungen Künstler*innen dann in Francis Poulencs völlig durchgeknallter – und von der Kritik gefeierter – Oper „Die Brüste des Tiresias“ (Inszenierung: Maurice Lenhard), was sie bereits gelernt haben. Volksopern-Direktorin Lotte de Beer: „Wir haben Talente gefunden, bei denen man sagen kann, dass sie ihren Weg gehen werden.“Christian Zeller sitzt im Übrigen noch immer im Besprechungszimmer der Volksoper – geduldig hat er den Exkurs abgewartet. Zeller ist der Mann, ohne den keines der Jungtalente nach Wien oder von dort weg in die weite Welt kommen würde. „Ohne Geld ka Musi“, würde man sagen – und auch damit recht behalten.

Die erste Frage in der Psychologie ist: Warum machen Sie das?

Ich beschäftige mich schon sehr lange mit Exzellenz und Nachhaltigkeit. Besonders im Kulturbereich, so finde ich, kann etwas sehr Nachhaltiges für die Gesellschaft entstehen. Gerade in schwierigen Zeiten ist es eine der Aufgaben der Kunst, die Menschen aus der Eingleisigkeit zu holen – und: Kunst beflügelt.

Es ist doch schöner, wenn man zurückblickt und Dinge sieht, die weiterleben.

Christian Zeller, finanziert das Opernstudio
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Viele Dinge macht man ja, weil es einen persönlichen Trigger gibt …

Ich bin ein Geschäftsmann und Zahlenmensch. Ich wollte immer etwas Kreatives machen, aber meine Eltern haben befunden, dass ich besser etwas Natur-wissenschaftliches tun sollte. Jetzt versuche ich, was ich in diesem Bereich erwirtschaftet habe – auch mit viel Kreativität –, wieder zurückzugeben.

Sie kompensieren?

Ja, ich kompensiere. (Lacht herzlich.)

Andere reiche Menschen kaufen sich, statt in Kultur zu investieren, lieber eine Yacht oder ein anderes teures Spielzeug …

Aber was bleibt von so einem Spielzeug? Es ist doch schöner, wenn man zurückblickt und Dinge sieht, die weiterleben. Es gibt zwei Aspekte: Einerseits sponsert man, weil man Spaß daran hat; und dann gibt es Dinge, die ich unterstütze, weil ich will, dass sie Bestand haben und in die Zukunft getragen werden. So wie das, was Lotte de Beer hier mit dem Opernstudio geschaffen hat. Ich weiß nicht, wie lange ich lebe, daher will ich, dass dieses Investment nicht an mein Sein gebunden ist. Dies gilt auch für die Option, dass – wenn irgendwann einmal Lotte de Beer weiterziehen sollte – dieses Projekt weiterleben soll.

Wie stolz macht es Sie, wenn Sie die jungen Sänger*innen schließlich auf der Bühne sehen?

Ich freue mich, dass ich da dabei sein darf. Wissen Sie, ich kenne die ganze Bandbreite vom Nichtshaben bis hin zum Vielhaben. Dieses Wissen löst bei mir einerseits Ehrfurcht vor dem Erfolg aus, andererseits habe ich auch immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich mehr habe als andere. Vieles, was ich erreicht habe, ist das Resultat harter Arbeit, aber ich hatte auch Glück, und dieses Glück will ich wieder zurückgeben. Es ist natürlich auch ein wenig Egoismus dabei: Denn das Glück, das man anderen bereitet, kommt auch wieder zurück – und von dieser Energie lasse ich mich tragen.

Sie finanzieren nicht nur das Opernstudio, sondern bieten mit Ihrem Südbahnhotel auch einen Ort zum Auftreten.

Ja, das sind schöne Synergien, weil wir den jungen Künstler*innen am Beginn ihrer Karriere die Möglichkeiten geben, sich vor einem Publikum zu präsentieren – wie im Südbahnhotel oder auch bei den Neuberger Kulturtagen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Projekte aus?

Der Fokus liegt eindeutig auf der Nachwuchsförderung. Meine Liebe gilt der Musik und Immobilien, hier kann man – wie ich schon gesagt habe – etwas erschaffen, das Generationen Freude bereitet.

Was löst der Opern- oder Theaterbesuch bei Ihnen aus?

Es holt mich aus meinen normalen Mustern. Andere joggen, ich setze mich ins Theater und lasse meine Gedanken gleiten.

Was ist Ihre Lieblingsoper oder -operette?

„Die Fledermaus“. Da sehe ich mich am ehesten. (Lacht.) Dieses Stück holt mich ab, auch weil ich gerne Gäste einlade, in diesem Stück würde ich auch gerne einmal mitspielen – und sei es nur als Statist. (Lacht.)