„Deiner Stimme Klang fehlt mir so sehr. Früher warst du doch so nah.“ So singt die weibliche Hauptfigur Christine Daaé zu ihrem toten Vater im Lied „Könntest du doch bei mir sein“ – einer der vielen Hits aus einem der größten Musicals, die es je gab, dem „Phantom der Oper“. Sollte Ihnen seit 1993 das „Phantom“ in Wien ebenfalls gefehlt haben, haben wir gute Nachrichten: „Das Phantom der Oper“ kehrt zurück. Mit einigen Veränderungen.

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„Wir haben uns bewusst für die Neuproduktion von Cameron Mackintosh entschieden“, erklärt VBW-Intendant Christian Struppeck bei der Präsentation des Stücks Anfang November. Es stehen neue Bühnenelemente auf dem Programm; die Kostüme, mit originalgetreuer Liebe zum Detail, werden die gleichen bleiben. Sogar Mackintoshs gesamtes Kreativteam wird zum ersten Mal seit der Uraufführung nach Wien kommen, „damit wir etwas noch Spektakuläreres für das Wiener Publikum auf die Beine stellen können“, so Produzent Mackintosh persönlich in einer Videobotschaft.

„Wien ist seit fast vier Jahrzehnten Teil meines Theaterlebens.“ Ein paar Grußworte des Musical-Genies Andrew Lloyd Webber selbst wurden ebenfalls bei der Präsentation nach Wien geschickt. „Diese Inszenierung von ‚Das Phantom der Oper‘ war bereits in den USA, Großbritannien und Australien zu sehen und feiert nun ihre Österreich-Premiere.“ Seit der Originalproduktion vor knapp dreißig Jahren hatte es, abgesehen von der „Phantom“-Fortsetzung „Love Never Dies“ 2013 im Ronacher, keine En-suite-Inszenierung mehr in Wien gegeben. „Es freut mich sehr, die Produktion wieder in die Heimat der Operette zu bringen“, so Lloyd Webber.

Wir wollen Emotionen vermitteln, wir wollen dem Publikum einen emotionalen Abend liefern, und dafür ist dieses Stück perfekt.

Am Broadway fast 14.000-mal gefallen

Und damit meinen wir nicht (nur) den Vorhang. Die Rede ist vom legendären Luster, der am Ende des ersten Aktes durch die Sabotage des Phantoms auf die Bühne fällt. In der Wien-Fassung kommt es diesmal ein wenig anders: Anstatt auf die Bühne rast der Kronleuchter auf das Publikum zu. Ein Krimi mit Live-Action. Die Effektspiele könnten Musical-Fans bekannt vorkommen, denn es muss meistens fliegen, brennen oder fallen – sei es ein Helikopter („Miss Saigon“), eine Treppe („Rebecca“) oder eben ein Luster wie im „Phantom der Oper“.

Die Geschichte basiert auf dem 1909 erschienenen Roman (im Original: „Le Fantôme de l’Opéra“) des Franzosen Gaston Leroux und spielt um das Jahr 1870, als das Phantom – ein Musikgenie, das sein entstelltes Gesicht mit einer Maske verdeckt – im Opernhaus Angst und Schrecken verbreitet. Schauplatz sind die Katakomben unter der Pariser Oper. Eines Tages verliebt sich das Phantom in die junge Sopranistin Christine Daaé und bildet sie gesanglich aus. Beim Versuch, ihr Talent zu fördern, scheut es keine Mittel und Wege und geht buchstäblich über Leichen: Es sorgt durch einen Unfall dafür, dass sie eine Hauptrolle bekommt. Die Geschichte endet mit dem Verschwinden des Phantoms. Christine und ihr Jugendfreund Raoul können endlich miteinander glücklich werden, der Vorhang fällt, Happy End. „Das Phantom der Oper“ löst offiziell „Rebecca“ im Raimund Theater ab, ein Erfolgsmusical jagt also das nächste.

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Roy Goldman
Roy Goldman verkörpert Raoul, Vicomte de Charny, den Geliebten von Christine. 2014 nahm Goldman sein Studium in Musiktheater an der Fontys Hochschule auf, welches er 2018 mit einem Bachelor abschloss. Schon während seiner Ausbildung wirkte er in diversen Musicalproduktionen mit. In Wien stand er bereits in den Musicals „Miss Saigon“ und „Der Glöckner von Notre Dame“ auf der Bühne.Der Mann ohne Maske.Der gebürtige Niederländer lebt seit fast drei Jahren in Wien. In Hamburg kam er zum ersten Mal mit dem „Phantom der Oper“ in Berührung, dort habe er sich „nicht in das Phantom verliebt, aber in das Stück“. Was Schönheit für ihn bedeutet? „Ein Leben ohne Maske.“

Foto: Stefan Fürtbauer

Erste Kostprobe der Neuinszenierung

Wie viel Gänsehautpotenzial die Neuinszenierung schlussendlich haben wird, haben Anton Zetterholm (in der Titelrolle), Lisanne Clémence Veeneman (Christine) und Roy Goldman (Raoul) bei der Stückpräsentation von „Das Phantom der Oper“ schon unter Beweis gestellt. Die Zusehenden im Raimund Theater durften bereits eine Kostprobe des Musicals erleben, die Vorfreude sowie die Begeisterung waren groß.

Groß sind auch die Zahlen, wenn man vom „Phantom der Oper“ spricht. Bis heute bleibt dieses Musical ein weltweites Phänomen, das einen Rekord nach dem anderen bricht: „Das Phantom der Oper“ war die erste Bühnenproduktion, die weltweit Einnahmen von sechs Milliarden US-Dollar einspielte (zum Vergleich: „Avatar“ beispielsweise kam auf 2,9 Milliarden Dollar). Das Musical wurde in 46 Ländern und 195 Städten gespielt und dabei in 21 Sprachen gesungen. Weltweit lockte das „Phantom“ bereits mehr als 160 Millionen Besucher*innen ins Theater und räumte insgesamt siebzig der wichtigsten Theaterpreise ab, darunter vier Olivier Awards und sieben Tony Awards. Andrew Lloyd Webber selbst gilt als einer der wenigen Menschen, die mit allen vier großen Preisen (EGOT – Emmy, Grammy, Oscar und Tony) der US‑Unterhaltungsindustrie ausgezeichnet wurden. Das Musical schrieb 35 Jahre lang Broadway-Geschichte, seit 1988 sahen dort 19,8 Millionen Menschen das „Phantom“. Dieses Jahr kam es zum jähen Aus der amerikanischen Liebesgeschichte: Am 18. Februar 2023 fiel in New York der letzte Vorhang – und Luster – der Originalproduktion.

Ende in New York, Neubeginn in Wien

In Wien war die deutsche Originalfassung erstmalig 1988 im Theater an der Wien zu sehen, 1990 folgte der Bühnenwechsel ins Raimund Theater. Dorthin wird Lloyd Webbers Erfolgsmusical im März 2024 zurückkehren.„Die Geschichte hat etwas Schauerliches, und sie ist gleichzeitig eine große Liebesgeschichte – das ist immer eine gute Mischung“, sagt Christian Struppeck im Gespräch mit der BÜHNE. „Davon lebt das Theater“, ist er überzeugt. „Wir wollen Emotionen vermitteln, wir wollen dem Publikum einen emotionalen Abend liefern, und dafür ist dieses Stück perfekt.“

Der Cast und das Orchester

„Für so ein Stück erreichen uns ein- bis zweitausend Bewerbungen“, erzählt Struppeck. Für die Titelrolle besetzte die Jury schlussendlich den Schweden Anton Zetterholm. Er hat eine besonders enge Beziehung zum Musical, wie er selbst verrät: „Ich war verliebt in ‚Das Phantom der Oper‘, als ich es zum ersten Mal in London gesehen habe. So verliebt, dass ich zwei Jahre später die Frau, die Christine spielte, geheiratet habe.“ Des Weiteren werden ab März 2024 Roy Goldman als Raoul, Milica Jovanović als Operndiva Carlotta Giudicelli und Patricia Nessy als strenge Lehrerin Madame Giry auf der Bühne des Raimund Theaters stehen.

Christine Daaés beste Freundin Meg wird die Engländerin Laura May Croucher spielen, die beiden Theaterdirektoren Monsieur André und Monsieur Firmin werden von Rob Pelzer und Thomas Sigwald verkörpert werden. Die Niederländerin Lisanne Clémence Veeneman wird in die Rolle der Christine Daaé schlüpfen. Besonders begeistert zeigt sich die 23-Jährige vom VBW-Orchester, das den Cast begleiten wird.

„Es sind 28 Leute, die für das ‚Phantom‘ musizieren. Jedes Mal, wenn sie zu spielen beginnen, bekomme ich Gänsehaut.“ Auch Zetterholm ist ähnlicher Meinung. „Normalerweise ist nur die Hälfte des Orchesters dabei, zum Beispiel in den USA oder in England. So aber passt es sehr gut ins Raimund Theater, das ist wirklich ein Luxus.“ Hier in Wien spielt das Orchester also in voller Besetzung – eine Seltenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte. So wie eigentlich alles an diesem Musical. Allen Ungeduldigen kann man noch eine Zeile des Lieds „Phantom der Oper“ ans Herz legen: „Ganz nah ist das Phantom der Oper da.“ Dessen sind wir uns sicher.

Zur Person: Anton Zetterholm

spielt die Titelrolle. Der gebürtige Schwede gewann nach einer künstlerischen Ausbildung die TV-Castingshow „Ich Tarzan, Du Jane!“, worauf-hin er die Hauptrolle im Disney-Musical „Tarzan“ spielte. Im schwedischen Revival von „Das Phantom der Oper“ spielte Zetterholm die Rolle des Raoul, Vicomte de Chagny. 2015 war er Juror in der TV- Show „Got to Dance“. Ab März 2024 wird er das Phantom im Raimund Theater verkörpern, parallel wird Zetterholm den Tony in der „West Side Story“ an der Volksoper Wien spielen.

Zur Person: Lisanne Clémence Veeneman

ist die Geliebte des Phantoms, Christine Daaé. Veeneman begann im Alter von sechs Jahren Gesangs-, Schauspiel-, Tanz- und Klavierunter- richt zu nehmen. Die 23-jährige Niederländerin studierte Musiktheater am Fontys Conservatorium in Tilburg, Niederlande. Sie erwarb ihr MFA-Zertikat in New York. „Ich habe mich schon früh in die Rolle der Christine verliebt. Die Leidenschaft für dieses Stück habe ich mit meiner verstorbenen Großmutter geteilt. Ich werde mein Bestes geben, mich so gut wie möglich auf die Rolle vorzubereiten.“