Die Geschichte von Jason, Anführer der Argonauten, und dem Goldenen Vlies, das er mithilfe von Medea raubt, braucht man dem 1993 in Wien geborenen Georg Zlabinger nicht mehr zu erklären. 2014 hat er mit seinem Bruder, dem Bühnenbildner Martin Zlabinger, das Theater am Akademischen Gymnasium Wien ins Leben gerufen. Ganz wie es sich für Wiens ältestes Gymnasium mit seiner altphilologischen Tradition geziemt, werden antikem Drama innovative Ansätze verpasst. Das gilt auch für den Medea-Stoff in den Fassungen von Euripides, Franz Grillparzer und Heiner Müller. 

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Giasone als buntes Durcheinander

Aber wie viel „Medea“ steckt überhaupt in Francesco Cavallis Oper „Giasone“, die in Venedigs Teatro San Cassiano, dem ersten öffentlichen Opernhaus, im Jänner 1649 zur Uraufführung kam? 

Georg Zlabinger: „Die Handlung basiert lose auf der Hauptsage vom Goldenen Vlies. Sie gerät aber durch verschiedenste Beigaben – seien das Erzählstränge, die im Mythos gar nicht vorkommen, oder Figuren, die noch weiter hergeholt sind, wie Orest – zu einem sehr bunten Durcheinander von Liebesabenteuern, Verwechslungen und sehr komischen Momenten. Auf einmal findet sich Jason in einer Dreiecksbeziehung mit Medea und Isifile, der Königin von Lemnos, wieder.“

Venedig als Nährboden für Radikales

Genau dieser Mix aus Tragisch und Komisch sowie das Aufbrechen gesellschaftlicher Schranken machte damals die venezianische Oper und ihren Erfolg aus. „Giasone“ wurde schnell in ganz Italien nachgespielt, sie war eine der erfolgreichsten Opern im 17. Jahrhundert. Der Karnevalshintergrund sei „sehr maßgeblich dafür“, sagt Zlabinger. War doch Venedig zu der Zeit das „Vergnügungszentrum Europas und ein ganz guter Nährboden für Radikales, Subversives, Experimentierfreudiges“.

Kein Wunder, dass sich bald Kritik aus akademischen Kreisen gegen ­derlei „Regel- und Formlosigkeit regte und quasi ein Reinheitsgebot der Oper gefordert wurde“.

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Giasone feiert nach dem Theater-Lockdown an der Wiener Kammeroper Premiere.

Foto: Herwig Prammer

Komprimierte Barockoper

Georg Zlabinger hat sich mit dem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft und den Austrian Studies für Geisteswissenschaften entschieden. Das Regiehandwerk hat er gewissermaßen „by doing“ gelernt. „Giasone“ in der Kammeroper ist seine erste eigene Regie am Theater an der Wien, an dem er bereits mit Torsten Fischer, Roland Geyer, Tatjana Gürbaca, Keith Warner, vor allem aber mit Christof Loy – für den er etwa auch in London Verdis „La forza del destino“ mit Netrebko und Kaufmann einstudierte – als Regieassistent gearbeitet hat.

Für die Kammeroper wurde Cavallis Vier-Stunden-Streich kom­primiert und rund zwanzig Rollen auf sieben reduziert. Zlabinger geht es klassizistisch an, worauf „Giasone“ nach und nach „sehr bunt, sehr ­verspielt in sein sehr karnevaleskes Treiben abgleitet“. Medea schlachtet ihre Kinder dieses Mal nicht ab. Und das Ende wartet mit „überraschenden Versöhnungen und Paarungen auf, die man so noch nicht gesehen hat“. Karneval gut, alles gut.

Weitere Infos: Giasone

Georg Zlabinger (Regie); mit Rafał Tomkiewicz, Valentina Petraeva, Ekaterina Protsenko 

Theater an der Wien

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