Auf einen Kaffee mit: Proschat Madani
Alles Mögliche und davon alles höchst erfolgreich hat Proschat Madani fürs Fernsehen und Kino gedreht. Jetzt beerbt sie Robert Meyer im Weill-Musical „Lady in the Dark“ und spielt Psychiater Brooks. Ein Treffen im Café Sperl in Wien-Mariahilf.
Hollywood war schon da. Also nicht der Ort. Aber dessen Schauspieler*innen. Manchmal war das Café dann im Film ein Ballroom oder etwas anderes Historisches. Wenn man aus der Tür des Café Sperl geht und ein paar hundert Meter nach links, dann steht man vor dem Bühneneingang des Theaters an der Wien. Das ist jetzt eine Baustelle. Wenn man lieb schaut, dann lassen einen die Arbeiter einen Blick reinwerfen.
Lehár war Stammgast im Sperl, genauso wie Girardi, Eysler, Kálmán; und unser Michael Köhlmeier trifft sich hier mit uns, wenn er in Wien ist. 1880 wurde es für Jakob Ronacher erbaut und im selben Jahr von der Familie Sperl übernommen. Heute gehört es den Staubs, aber heißt noch immer Sperl. Das ist echt uneitel.
Drinnen, direkt gegenüber vom Eingang, thronte bis vor ein paar Jahren die Chefin des Hauses und kassierte. Heute darf man am Tisch zahlen.
„Madani“ steht in Handschrift auf einem Zettel in einer Zweierloge mit Blick auf die Gumpendorfer Straße. Proschat Madani wohnt im Grätzel und hat für uns reserviert. Das ist nett und auch ziemlich uneitel. Charakter passt zu Ambiente.
Alles Mögliche und davon alles höchst erfolgreich hat Proschat Madani in den vergangenen Jahren fürs Fernsehen, Kino und Streaming gedreht. Bei der Drehdichte und dem Quotenerfolg fällt sie definitiv in die Kategorie Star. Ein Status, den sie offenbar selber nicht so ernst nimmt. Deswegen glaubt man ihr, wenn sie sagt: „Ich habe zugesagt, ohne dass ich das Stück kannte, ohne dass ich es gesehen habe. Aber ich dachte mir, Robert Meyer hat es gespielt, und es ist immerhin die Volksoper.“
Madani macht dazu eine sehr ausladende Bewegung – sie zeichnet den Respekt, den sie damit ausdrücken will, in den Raum über dem Tischerl mit der Marmorplatte.
Proschat Madani wird im rosa Haus am Gürtel den Psychiater Doktor Alexander Brooks im Weill-Musical „Lady in the Dark“ spielen. Eine Rolle, die bislang von Ex-Direktor Robert Meyer rustikal-sympathisch verkörpert wurde.
Männerrollen, Frauenrollen – egal
Liza Elliott (die großartige Julia Koci) ist bei Doktor Brooks in Therapie. Sie hat ein Trauma, sie weiß nicht, wen sie liebt. Das Stück wechselt zwischen Traum und Wirklichkeit, Therapie und Tanzrevue. Ein Hit an der Volksoper.
„Ich war überrascht, dass die Volksoper überhaupt weiß, wer ich bin, und mir die Rolle zutraut“, sagt Madani – auch das glaubt man ihr.
Es ist schon ein paar (also eigentlich ziemlich viele) Jahre her, dass Proschat Madani auf einer Theaterbühne stand. Demnächst muss sie mit ihrer Sprechrolle das Stück eröffnen. „Es ist eine dramaturgisch wichtige Rolle, aber man darf sie nicht überbewerten. Vor allem darf man nicht den Fehler machen, besonders auffallen zu wollen. Die Schmankerl haben natürlich die Gesangsrollen und nicht die einzige Sprechrolle. Dennoch wird es das erste Mal seit langer, langer Zeit sein, dass ich richtig Lampenfieber haben werde.“
Einige Rollen, die für Männer geschrieben wurden, hat Proschat Madani bereits gespielt – in der Apple-TV-Serie „Foundation“ oder zuletzt im Horrorfilm „Cuckoo“: „Man musste kein Wort umschreiben, was bestätigt, dass viele Rollen geschlechtsunspezifisch sind. Es wäre also ganz leicht, mehr Frauen zu besetzen, als man es bisher gemacht hat.“
Wenn man hierzulande aussieht wie Proschat Madani und heißt wie sie, dann sind in der Sekunde alle Vorurteilsschubladen offen. Aber auch das stört Madani nicht: „Ich bin ja ein Freund von Vorurteilen, das lässt einen überleben. Wie man damit umgeht, ist eine andere Sache.“
Sie lacht wieder herzlich.
Es gibt ein paar dieser trivialen Fragen, die sich bei dem Stück aufdrängen. Etwa jene nach den eigenen Erfahrungen bei und mit Psychologen.
„Ich bin viele Jahre in Therapie gegangen, das war sehr hilfreich. Ich habe Psychologie studiert und eine Coaching-Ausbildung.“ Um sich auszukennen in der Welt? „Anfangs ja. Aber hätte ich jetzt die Zeit, würde ich gerne einmal in der Woche zu einem Therapeuten gehen. Zu jemandem außerhalb des vertrauten Kreises, dem du alles erzählen darfst.“
Das Handy, mit dem das Gespräch aufgezeichnet wird, beginnt hysterisch zu leuchten, und dann wird es schwarz. „Ich glaub, jetzt ist alles weg“, sagt Proschat Madani, „das kenn ich.“
Ist es nicht. Glück gehabt. Im Mai wird sie einen Film mit Caroline Peters drehen. Würde sie gerne mehr am Theater spielen? „Ich vermisse die Bühne, die Probenzeit, dass man sich mit einer Rolle auseinandersetzen kann. Film ist eine grundlegend andere Sportart: Wenn der Dreh beendet ist, kannst du nicht mehr auf die nächste Vorstellung setzen, in der du alles besser machen möchtest. Was im Kasten ist, ist im Kasten. Aber das finde ich auch reizvoll: Du kommst hoch konzentriert hin, und wenn eine Szene abgedreht ist, kannst du sie aus deinem Systemspeicher löschen. Das entspricht viel mehr meinem Naturell. Ich bin auch kein Ensemblemensch. Ich muss nirgends dazugehören.“ Auch das könnte kokett gemeint sein. Aber auch das meint sie so.
Die Zeit rinnt. Eigentlich ist das Interview beendet, und wir reden über ihre persischen Wurzeln und ihre Hoffnung, dass sich etwas im Iran ändert. Sie hat eine klare Haltung, aber das wäre jetzt Teil einer anderen Geschichte …