Ob „20.000 Meilen unter dem Meer“, „Peter Pan“, „Die Brüder Löwenherz“ oder „Momo“ – schon oft hat Michael Schachermaier für das Theater der Jugend Stoffe auf die Bühne gebracht, die zu den Lieblingsbüchern vieler Kinder gehören. Nun hat sich der Regisseur eines der frühesten Epen der Weltliteratur vorgenommen: Homers „Odyssee“, die er in eigener Adaption am Theater im Zentrum inszeniert. Wie wählte er aus den umfangreichen Abenteuern des Königs von Ithaka aus, der nach dem Sieg über Troja einfach nur nach Hause zu Frau und Sohn möchte, jedoch von Gott Poseidon auf Irrfahrten geschickt wird?

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Der Zyklop als Ausrede

„Ich habe immer Freude an Schlachtschiffen der Weltliteratur und ihren Unlösbarkeiten“, sagt Michael Schachermaier. „Man muss hier sehr stark definieren, was das Wichtigste für die eigene künstlerische Linie ist. Im Fall der ‚Odyssee‘ ist das für mich die zerrissene Familie. Auch wenn Homer das vor vielen Jahrhunderten geschrieben hat, ist für zahlreiche Kinder von heute ein abwesender Vater oder eine geteilte Familie Thema. Daher interessiert mich besonders, wie Telemachos Odysseus fragt: ‚Wo warst du?‘ Und wie dieser versucht, sich zu rechtfertigen, und merkt, dass ein Zyklop nicht gerade die beste Ausrede für zehn Jahre Abwesenheit ist.“

Aus den Erzählungen des Vaters entwickeln sich nach und nach Szenen. Je mehr Odysseus in die Geschichten eintaucht, umso plastischer wird es auf der Bühne. Dabei hat Schachermaier einiges zusammengezogen, um jenes Werk, das mehr als 12.000 Hexameterverse fasst, zu adaptieren. Sind es bei Homer hunderte Mitkämpfer, reichen Schachermaier fünf Gefährten. „Das macht ja gerade den Charme der Theatererzählweise aus“, ist er überzeugt.

Aus Circe und Kalypso wird eine einzige Verführerin. Das Ensemble im Theater der Jugend schlüpft in mehrere Rollen. Neben Bijan Zamani als Odysseus und Alduin Gazquez als Telemachos spielen unter anderem Cathrine Sophie Dumont, Rafael Schuchter und Fanny Altenburger einige Figuren. Sie wechseln
„durchaus sichtbar für die Zuschauer Kostüme, um sie zu animieren, auf den Theaterzug aufzuspringen“, so der Regisseur.

Kinder interessiert mythologischer Kern

Schachermaier adaptiert gerne Bücher für eigene Inszenierungen. Dazu zählen „Gullivers Reisen“ und „Frankenstein“ für das Next Liberty in Graz sowie „Das Dschungelbuch“ und „Die kleine Meerjungfrau“ für das Theater Freiburg. Auch Opernregie und Crossover-Projekte stehen auf der Agenda des Regisseurs. Seine Anfänge waren als Assistent von Andrea Breth, Matthias Hartmann, Alvis Hermanis und Christoph Schlingensief am Burgtheater. Dort hat er selbst „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ und „Getränk Hoffnung“ auf die Bühne brachte.

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Für die Zielgruppe ab elf Jahren, für die auch „Die Abenteuer des Odysseus“ konzipiert ist, seien es seiner Erfahrung nach gerade Stücke mit mythologischem Kern, die gut funktionieren. Denn: „Letztlich ermöglichen sie die Suche nach den eigenen Wurzeln und ein Befragen der Erwachsenenwelt. Das ist gerade für diese Altersgruppe Thema.“

Er ist sich sicher, dass sich die jungen Zuschauer in dem listigen Helden und hinterlistigen Schlitzohr, als die er Odysseus mit all seinen Facetten zeigen möchte, ebenso wiederfinden wie in dessen Sohn. Und er verspricht viel Theaterzauber rund um Seeungeheuer und Götter, mit dem er die nächste Generation für den Kosmos der Antike begeistern will. Um sie anzustecken – eben mit seiner Lust an den Schlachtschiffen der Weltliteratur.

Zur Person: Michael Schachermaier

Schachermaier inszenierte mehrfach am Theater der Jugend, außerdem u. a. am Burgtheater, Volkstheater, Saarländischen Staatstheater oder am Next Liberty in Graz. Zuvor war er Assistent von Andrea Breth, Matthias Hartmann, Christoph Schlingensief und Alvis Hermanis gewesen.

Hinweis: „Die Abenteuer des Odysseur" mussten Corona-bedingt verschoben werden
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