Wer eine Stimme hat, ist nicht automatisch in der Lage mitzureden. Viel zu selten ist ein funktionierender Stimmapparat die alleinige Voraussetzung für Mitsprache. Eines schien in diesem von Machtstrukturen geprägten Stimmengewirr aber immer sicher: Die Toten haben keine Stimme und damit auch kein Mitspracherecht mehr. Die mahnenden Worte der vor einigen Jahren verstorbenen Großmutter einmal ausgenommen – „wenn du weiter so viel Fernsehen schaust, werden deine Augen ganz eckig“. Und schon drückt man gehorsam die Off-Taste.

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Was aber, wenn eine KI in der Lage wäre, die Stimmen verstorbener Menschen so herzustellen, dass sich diese in den Alltag ihrer Hinterbliebenen einschalten könnten? Die Off-Taste an der Grenze zwischen Leben und Tod somit abgeschafft wäre? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich die Künstlergruppe Laokoon seit mehreren Jahren in intensiver Recherchearbeit. Angetrieben unter anderem von der Auseinandersetzung damit, dass sich immer mehr Menschen von den Religionen abwenden und dadurch eine Leerstelle und das Bedürfnis nach neuen, weltlichen Heilserzählungen entstehen, erklärt Moritz Riesewieck.

Im Theater haben wir es in der Regel mit leibhaftigen Körpern zu tun, aus denen Stimmen treten. Wir arbeiten aber mit Stimmen, die keine Körper brauchen.

Moritz Riesewieck

In ihrer Recherche ist das Kollektiv auf zahlreiche Start-ups gestoßen, die bereits an solch digitalen Klonen arbeiten. Generiert werden diese aus all den Daten, die man im Laufe eines Lebens hinterlässt. „Wobei“, wirft Cosima Terrasse ein, „manche Menschen gar nicht die Möglichkeit dazu haben, weil ihnen beispielsweise der Zugang zu den dafür notwendigen Geräten fehlt.“

Laokoon im Burgtheater: Die digitale Seele
Philipp Hauß, Lukas Watzl und Caroline Baas in „Keine Menschenseele“.

Foto: Susanne Hassler-Smith

Auch formal ergeben sich dadurch spannende Ansatzpunkte. „Im Theater haben wir es in der Regel mit leibhaftigen Körpern zu tun, aus denen Stimmen treten. Wir arbeiten aber mit Stimmen, die keine Körper brauchen“, sagt Riesewieck. Hans Block fügt hinzu: „Es wird definitiv kein theoretischer Vortrag über den aktuellen Stand der Technik, sondern ein sehr sinnliches Theatererlebnis.“

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