Wiener Staatsoper
Don Giovanni
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Don Juan ist eine Figur der Grenzüberschreitung: der Grenze zwischen den Geschlechtern, der Grenze zwischen den Klassen und der Grenze von Leben und Tod, denn er macht auch vor Friedhofsmauern nicht Halt. 2065 Frauen soll er bereits geliebt haben, 1003 allein in Spanien, 640 in Italien, 231 in Deutschland und 100 in Frankreich. Aber nicht nur im christlichen Abendland hat er gewildert: 91 sind es in der Türkei (sein Diener führt hierüber genau Buch). In den europäischen Literaturen ist er seit der Gegenreformation unterwegs, als um 1620 ein spanischer Mönch seine Legende in der Comedia Der Spötter von Sevilla und der steinerne Gast festhält. Rasch dringt er in die Spielvorlagen der italienischen Commedia dell’arte ebenso ein wie in die klassische französische Komödie. In Prag verleihen ihm Mozart und da Ponte seine wirkungsmächtigste Gestalt: Dort wird 1787 ihre Oper Don Giovanni oder Der bestrafte Wüstling uraufgeführt. Die Gleichzeitigkeit von Elementen der Farce, der komischen und der tragischen Oper, von niederem und hohem Stil, Sinfonik und Sakralmusik führt in grenzüberschreitendes Neuland bis hin zur rhythmischen Kakophonie des 1. Akt-Finales, bei der drei Tanzkapellen gleichzeitig spielen, und zu Passagen, in denen die Chromatik bis in zwölftönige Strukturen getrieben ist. Zwischen all diesen Sprachen ist Giovanni unterwegs, er selbst hat keine eigene Musik, da er sich zur Projektionsfläche der Frauen macht, die er begehrt: der in strenger väterlicher Obhut erzogenen Donna Anna, die in ihm das Abenteuer sucht; der allen Bindungen entflohenen Donna Elvira, die sich emotionale Stabilität erhofft; des Unterschichtenmädchens Zerlina, das in seinen Armen vom sozialen Aufstieg träumt. Die labyrinthische Szenenfolge der Oper wird verklammert durch den Mord Giovannis an dem Vater der Donna Anna und der Wiederkehr des Toten als »steinerner Gast«. In der katholischen Comedia bettelte Giovanni, als er sein Ende nahen fühlte, vergebens darum, die Beichte ablegen zu dürfen. In der Oper ist es der steinerne Gast, der den Rebellen vor ewiger Verdammnis bewahren will, indem er ihn beschwört, doch noch zu bereuen – was dieser verweigert. So bleibt es trotz des Höllensturzes fraglich, wer in diesem Duell der Unterlegene ist, denn der intellektuelle Trotz Giovannis ist ungebrochen. Mit dieser Neuinszenierung startet die Wiener Staatsoper einen Mozart-Da Ponte-Zyklus unter der Leitung ihres Musikalischen Direktors Philippe Jordan und in der Regie von Barrie Kosky.
HANDLUNG
1. Akt
Don Giovannis Diener Leporello möchte ein Herr sein, statt immer nur zu dienen. Donna Anna versucht, den fliehenden Don Giovanni aufzuhalten. Sie ruft um Hilfe. Don Giovanni versichert, sie werde nie erfahren, wer er sei. Donna Annas Vater, der Komtur, stellt Don Giovanni. Im folgenden Kampf verletzt Don Giovanni den Komtur tödlich. Donna Anna treibt ihren Verlobten Don Ottavio an, ihrem Vater zu Hilfe zu kommen, doch die beiden finden nur noch den Leichnam des Komturs. Donna Anna nimmt dem Verlobten das Versprechen ab, den Vater zu rächen. Don Giovanni hofft auf eine neue Eroberung. Stattdessen treffen er und Leporello auf Donna Elvira, die Giovanni vorwirft, er habe sie durch falsche Versprechungen getäuscht und verführt. Während Leporello Donna Elvira ablenkt, kann Don Giovanni fliehen. Donna Elvira schwört Rache. Masetto und Zerlina feiern mit ihren Gästen die Liebe, die Jugend und ihre bevorstehende Hochzeit. Don Giovanni weist Leporello an, die Gesellschaft und vor allem den Bräutigam in sein Haus zu führen und zu bewirten, er und Zerlina kämen später nach. Masettos Einspruch begegnet er mit einer unverhohlenen Drohung. Masetto muss klein beigeben. Don Giovanni lädt Zerlina auf sein nahes Schloss ein, dort wolle er sie heiraten. Zerlina zögert, willigt dann aber ein. Die beiden werden von Don- na Elvira unterbrochen, die Zerlina vor dem Verführer warnt und sie mit sich nimmt. Don Ottavio und Donna Anna bitten Don Giovanni um Hilfe bei der Suche nach dem unbekannten Mörder des Komturs. Wieder tritt Donna Elvira auf und warnt vor Giovannis Ruchlosigkeit. Dieser deutet an, Elvira sei nicht bei Sinnen und folgt ihr, als sie sich entfernt. An Don Giovannis Verhalten hat Donna Anna den Mörder ihres Vaters erkannt. Sie fordert Don Ottavio erneut auf, sie zu rächen. Don Giovanni weist Leporello an, ein Fest vorzubereiten, auf dem er neue Eroberungen machen möchte. Zerlina versucht, Masetto zu überzeugen, dass zwischen ihr und Don Giovanni nichts vorgefallen sei. Don Giovanni kommt hinzu und drängt bei- de, mit ihm zu feiern. Donna Anna, Donna Elvira und Don Ottavio nähern sich maskiert. Auf Don Giovannis Geheiß lädt Leporello sie zum Fest. Don Giovanni verschwindet mit Zerlina. Bald hört man sie um Hilfe rufen. Donna Anna, Donna Elvira, Don Ottavio und Masetto eilen zu ihrem Schutz herbei. Don Giovanni präsentiert Leporello als den Schuldigen. Die anderen glauben ihm nicht, aber sie bekommen Don Giovanni auch nicht zu fassen.
2. Akt
Don Giovanni zwingt Leporello, mit ihm die Kleider zu tauschen. Er will verkleidet Donna Elviras Kammermädchen verführen, Leporello soll inzwi- schen Donna Elvira beschäftigen. Leporello findet Gefallen daran, Donna Elvira zu umschmeicheln. Don Giovanni trifft auf Masetto, der bewaffnet nach ihm sucht, ihn aber in Leporellos Kleidern nicht erkennt. Nachdem Giovanni Masetto die Waffen abgenommen hat, verprügelt er ihn. Zerlina findet den Verletzten und pflegt seine Wunden. Leporello versucht, sich Donna Elvira zu entziehen. Dabei trifft er auf Donna Anna und Don Ottavio, Zerlina und Masetto, die ihn für Don Giovanni halten. Sie wollen ihn töten. Donna Elvira bittet um Mitleid. Leporello gibt sich zu erkennen und beteuert seine Unschuld. Unter Ausflüchten gelingt ihm die Flucht. Donna Elvira ist hin- und hergerissen zwischen Rachegefühlen und Sor- ge um Don Giovanni. Don Giovanni und Leporello treffen auf dem Friedhof aufeinander. Aus- gelassen erzählt Don Giovanni von seinen letzten Liebesabenteuern. Die Stimme des Komturs mahnt, die Ruhe der Toten nicht zu stören. Don Giovanni macht sich lustig und fordert Leporello auf, den Komtur zum Abendessen einzuladen. Leporello spricht die Einladung aus, der Komtur willigt ein. Don Ottavio bietet Donna Anna seinen Trost und seine Hand an. Sie bittet ihn um Verständnis für ihre Lage und um Geduld. Don Giovanni bereitet ein glänzendes Abendessen vor. Donna Elvira erscheint. Sie drängt Don Giovanni, sein Leben zu ändern. Giovanni verspottet sie. Elvira entfernt sich, dann hört man ihren Entsetzens- schrei. Der Komtur tritt ein. Er spricht Don Giovanni eine Gegeneinladung aus. Don Giovanni willigt ein. Er ergreift die dargebotene Hand und erschrickt über ihre Eiseskälte. Der Komtur fordert Don Giovanni auf, zu bereuen und sein Leben zu ändern: Es sei die letzte Gelegenheit. Don Giovanni lehnt ab. Stimmen kündigen seine Strafe an. Don Giovanni bricht zusammen. Donna Anna, Donna Elvira, Don Ottavio, Zerlina und Masetto treffen ein, um Don Giovanni seiner gerechten Strafe zuzuführen. Sie treffen nur noch Leporello an, der von Don Giovannis Schicksal berichtet. Die Gesell- schaft zerstreut sich, nicht ohne zu resümieren: Im Tod der Ruchlosen spiegle sich immer ihr Leben.
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Don Juan ist eine Figur der Grenzüberschreitung: der Grenze zwischen den Geschlechtern, der Grenze zwischen den Klassen und der Grenze von Leben und Tod, denn er macht auch vor Friedhofsmauern nicht Halt. 2065 Frauen soll er bereits geliebt haben, 1003 allein in Spanien, 640 in Italien, 231 in Deutschland und 100 in Frankreich. Aber nicht nur im christlichen Abendland hat er gewildert: 91 sind es in der Türkei (sein Diener führt hierüber genau Buch). In den europäischen Literaturen ist er seit der Gegenreformation unterwegs, als um 1620 ein spanischer Mönch seine Legende in der Comedia Der Spötter von Sevilla und der steinerne Gast festhält. Rasch dringt er in die Spielvorlagen der italienischen Commedia dell’arte ebenso ein wie in die klassische französische Komödie. In Prag verleihen ihm Mozart und da Ponte seine wirkungsmächtigste Gestalt: Dort wird 1787 ihre Oper Don Giovanni oder Der bestrafte Wüstling uraufgeführt. Die Gleichzeitigkeit von Elementen der Farce, der komischen und der tragischen Oper, von niederem und hohem Stil, Sinfonik und Sakralmusik führt in grenzüberschreitendes Neuland bis hin zur rhythmischen Kakophonie des 1. Akt-Finales, bei der drei Tanzkapellen gleichzeitig spielen, und zu Passagen, in denen die Chromatik bis in zwölftönige Strukturen getrieben ist. Zwischen all diesen Sprachen ist Giovanni unterwegs, er selbst hat keine eigene Musik, da er sich zur Projektionsfläche der Frauen macht, die er begehrt: der in strenger väterlicher Obhut erzogenen Donna Anna, die in ihm das Abenteuer sucht; der allen Bindungen entflohenen Donna Elvira, die sich emotionale Stabilität erhofft; des Unterschichtenmädchens Zerlina, das in seinen Armen vom sozialen Aufstieg träumt. Die labyrinthische Szenenfolge der Oper wird verklammert durch den Mord Giovannis an dem Vater der Donna Anna und der Wiederkehr des Toten als »steinerner Gast«. In der katholischen Comedia bettelte Giovanni, als er sein Ende nahen fühlte, vergebens darum, die Beichte ablegen zu dürfen. In der Oper ist es der steinerne Gast, der den Rebellen vor ewiger Verdammnis bewahren will, indem er ihn beschwört, doch noch zu bereuen – was dieser verweigert. So bleibt es trotz des Höllensturzes fraglich, wer in diesem Duell der Unterlegene ist, denn der intellektuelle Trotz Giovannis ist ungebrochen. Mit dieser Neuinszenierung startet die Wiener Staatsoper einen Mozart-Da Ponte-Zyklus unter der Leitung ihres Musikalischen Direktors Philippe Jordan und in der Regie von Barrie Kosky.
HANDLUNG
1. Akt
Don Giovannis Diener Leporello möchte ein Herr sein, statt immer nur zu dienen. Donna Anna versucht, den fliehenden Don Giovanni aufzuhalten. Sie ruft um Hilfe. Don Giovanni versichert, sie werde nie erfahren, wer er sei. Donna Annas Vater, der Komtur, stellt Don Giovanni. Im folgenden Kampf verletzt Don Giovanni den Komtur tödlich. Donna Anna treibt ihren Verlobten Don Ottavio an, ihrem Vater zu Hilfe zu kommen, doch die beiden finden nur noch den Leichnam des Komturs. Donna Anna nimmt dem Verlobten das Versprechen ab, den Vater zu rächen. Don Giovanni hofft auf eine neue Eroberung. Stattdessen treffen er und Leporello auf Donna Elvira, die Giovanni vorwirft, er habe sie durch falsche Versprechungen getäuscht und verführt. Während Leporello Donna Elvira ablenkt, kann Don Giovanni fliehen. Donna Elvira schwört Rache. Masetto und Zerlina feiern mit ihren Gästen die Liebe, die Jugend und ihre bevorstehende Hochzeit. Don Giovanni weist Leporello an, die Gesellschaft und vor allem den Bräutigam in sein Haus zu führen und zu bewirten, er und Zerlina kämen später nach. Masettos Einspruch begegnet er mit einer unverhohlenen Drohung. Masetto muss klein beigeben. Don Giovanni lädt Zerlina auf sein nahes Schloss ein, dort wolle er sie heiraten. Zerlina zögert, willigt dann aber ein. Die beiden werden von Don- na Elvira unterbrochen, die Zerlina vor dem Verführer warnt und sie mit sich nimmt. Don Ottavio und Donna Anna bitten Don Giovanni um Hilfe bei der Suche nach dem unbekannten Mörder des Komturs. Wieder tritt Donna Elvira auf und warnt vor Giovannis Ruchlosigkeit. Dieser deutet an, Elvira sei nicht bei Sinnen und folgt ihr, als sie sich entfernt. An Don Giovannis Verhalten hat Donna Anna den Mörder ihres Vaters erkannt. Sie fordert Don Ottavio erneut auf, sie zu rächen. Don Giovanni weist Leporello an, ein Fest vorzubereiten, auf dem er neue Eroberungen machen möchte. Zerlina versucht, Masetto zu überzeugen, dass zwischen ihr und Don Giovanni nichts vorgefallen sei. Don Giovanni kommt hinzu und drängt bei- de, mit ihm zu feiern. Donna Anna, Donna Elvira und Don Ottavio nähern sich maskiert. Auf Don Giovannis Geheiß lädt Leporello sie zum Fest. Don Giovanni verschwindet mit Zerlina. Bald hört man sie um Hilfe rufen. Donna Anna, Donna Elvira, Don Ottavio und Masetto eilen zu ihrem Schutz herbei. Don Giovanni präsentiert Leporello als den Schuldigen. Die anderen glauben ihm nicht, aber sie bekommen Don Giovanni auch nicht zu fassen.
2. Akt
Don Giovanni zwingt Leporello, mit ihm die Kleider zu tauschen. Er will verkleidet Donna Elviras Kammermädchen verführen, Leporello soll inzwi- schen Donna Elvira beschäftigen. Leporello findet Gefallen daran, Donna Elvira zu umschmeicheln. Don Giovanni trifft auf Masetto, der bewaffnet nach ihm sucht, ihn aber in Leporellos Kleidern nicht erkennt. Nachdem Giovanni Masetto die Waffen abgenommen hat, verprügelt er ihn. Zerlina findet den Verletzten und pflegt seine Wunden. Leporello versucht, sich Donna Elvira zu entziehen. Dabei trifft er auf Donna Anna und Don Ottavio, Zerlina und Masetto, die ihn für Don Giovanni halten. Sie wollen ihn töten. Donna Elvira bittet um Mitleid. Leporello gibt sich zu erkennen und beteuert seine Unschuld. Unter Ausflüchten gelingt ihm die Flucht. Donna Elvira ist hin- und hergerissen zwischen Rachegefühlen und Sor- ge um Don Giovanni. Don Giovanni und Leporello treffen auf dem Friedhof aufeinander. Aus- gelassen erzählt Don Giovanni von seinen letzten Liebesabenteuern. Die Stimme des Komturs mahnt, die Ruhe der Toten nicht zu stören. Don Giovanni macht sich lustig und fordert Leporello auf, den Komtur zum Abendessen einzuladen. Leporello spricht die Einladung aus, der Komtur willigt ein. Don Ottavio bietet Donna Anna seinen Trost und seine Hand an. Sie bittet ihn um Verständnis für ihre Lage und um Geduld. Don Giovanni bereitet ein glänzendes Abendessen vor. Donna Elvira erscheint. Sie drängt Don Giovanni, sein Leben zu ändern. Giovanni verspottet sie. Elvira entfernt sich, dann hört man ihren Entsetzens- schrei. Der Komtur tritt ein. Er spricht Don Giovanni eine Gegeneinladung aus. Don Giovanni willigt ein. Er ergreift die dargebotene Hand und erschrickt über ihre Eiseskälte. Der Komtur fordert Don Giovanni auf, zu bereuen und sein Leben zu ändern: Es sei die letzte Gelegenheit. Don Giovanni lehnt ab. Stimmen kündigen seine Strafe an. Don Giovanni bricht zusammen. Donna Anna, Donna Elvira, Don Ottavio, Zerlina und Masetto treffen ein, um Don Giovanni seiner gerechten Strafe zuzuführen. Sie treffen nur noch Leporello an, der von Don Giovannis Schicksal berichtet. Die Gesell- schaft zerstreut sich, nicht ohne zu resümieren: Im Tod der Ruchlosen spiegle sich immer ihr Leben.
SchauspielerInnen
- Don Giovanni
- Andrzej Filonczyk
- Komtur
- Antonio Di Matteo
- Donna Anna
- Slávka Zámečníková
- Don Ottavio
- Edgardo Rocha
- Donna Elvira
- Nicole Car
- Leporello
- Christopher Maltman
- Zerlina
- Isabel Signoret
- Masetto
- Jusung Gabriel Park
Künstlerisches Team
- Musikalische Leitung
- Bertrand de Billy
- Inszenierung
- Barrie Kosky
- Bühne & Kostüme
- Katrin Lea Tag
- Licht
- Franck Evin