Der fantastische und international bewunderte Sammler Erich Wirl machte es sich zum Hobby, von Künstlern stets drei bis vier Porträts signieren zu lassen – und das durch Jahrzehnte –, was ihn zum Herrscher über eines der größten privaten Fotoarchive der Welt werden ließ.

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Ein Tenor mit Doppelnamen, dessen Wirl vor der Vorstellung in der Arena di Verona habhaft wurde, hat angeblich seine Auftrittsarie versäumt, weil er zu so vielen Unterschriften genötigt worden war. Und auch die junge Maria Meneghini-Callas bereute der Legende nach ihre Eheschließung, nachdem sie von dem Mitleidlosen in die Pflicht genommen worden war: „Hast g’hört? Die Callas hat sich scheiden lassen – wegen dem Wirl!“

Affen und Autogramme

Kammersänger Heinz Zednik wurde einmal mit einem sonderbaren Wunsch konfrontiert. Kurz zuvor hatte der Tenor den Affen in Hans Werner Henzes „Der junge Lord“ und den Schwachsinnigen in Mussorgskis „Boris Godunow“ verkörpert. Ein freundlicher Autogrammsammler erbat nun ein signiertes Foto von KS Zednik als „schwachsinniger Affe“.

Das Wiener Opernpublikum ist gesegnet mit einem gesunden Misstrauen gegen alles Lebendige und einer schier unendlichen Verehrung für alles Verblichene. 

Autogrammstunde mit einem Verstorbenen

Nichts illustriert diesen Umstand besser als folgende wahre Geschichte: Der große Rudolf Schock, bei den Wiener Opern­freunden zu einem Künstlergespräch geladen, verstarb eine Woche vor dem Gesprächs­termin. Die Plakate wurden mit Absage­zetteln („Aus traurigem Anlass …“) überklebt. Eine Anruferin bei den Opernfreunden wollte wissen, ob die vorgesehene Autogrammstunde mit KS Schock ebenfalls abgesagt sei …

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Johannes Zapotocky be­ansprucht ebenfalls einen Meistertitel im Unterschriftenaufbewahren. Ich machte ihn einmal überglücklich, als ich dem betagten Giu­seppe di Stefano in kleiner Runde einen Riesenberg von LPs, CDs und Porträts aus der Hege Zapotockys unter die Nase hielt. Die Tenorlegende, zu Scherzen und Havannas aufgelegt, unterfertigte folgsam jedes Stück.

Autogramm-Soldaten

Im September 2013 war Stephen Sondheim Gast der Volksoper. Er war – entgegen dem Ruf, der ihm als lebender Musical-Legende vorauseilt – zauberhaft und pflegeleicht. Nur eine Bitte hatte der soeben von einem Handbruch Genesene: Keine Autogramme! Na gut, ein paar … Bei dem vereinbarten Termin erschien zu meiner Verwunderung auch ein halbes Dutzend muskelbepackter Bühnentechniker, die ich im Leben nicht für Sondheim-Fans gehalten hätte.

Und wirklich: Ein jeder der Herren, die Kurt oder Franz heißen mochten, erbaten die Widmung „Für Johannes“. Zapotocky schickt Soldaten aus. 

Auch ich habe ein paar Bücher verfasst und denke mit Freuden an die Autogrammstunden, bei denen zwei, drei Menschen Schlange stehen, um mir dann unmögliche Widmungen wie die folgende abzutrotzen.

„Schreiben Sie: ‚Meiner lieben Frau‘.“

„Lieber Herr, das kann ich nicht.“

„Wieso, es ist doch für meine Frau.“

„Für Ihre, aber nicht für meine!“

Der Mann insistierte noch ein wenig, ich auch, schließlich kapitulierte er und fügte sich mit der leider ebenfalls nicht erfüllbaren Bitte: „Also gut. Schreiben Sie ‚Für mich‘.“

Zur Person: Zur Person: Christoph Wagner-Trenkwitz

Dramaturg, Musik­wissenschaftler, ­Buchautor (und legendärer Opernball-Kommentator). Er ist Intendant der Operette Langenlois und seit 2009 Chefdramaturg an der Volksoper in Wien.