Wiener Staatsoper
Carmen
ZUM KARTENKAUF
HANDLUNG
1. Akt
Vor einer Zigarettenfabrik im Süden Spaniens schieben Soldaten Wache unter Leitung des Gefreiten Moralès. Micaëla, eine junge Frau aus dem Baskenland, sucht Don José, mit dem sie aufgewachsen ist. Dieser hat gerade keinen Dienst. Als die Soldaten zudringlich werden, flieht Micaëla.
Nach dem Wachwechsel, mit dem José seinen Dienst antritt, ist Pause in der Zigarettenfabrik. Die Arbeiterinnen treten auf den Platz – von den Männern begeistert betrachtet. Am begierigsten wird Carmen erwartet. Sie kommt und singt ein Lied über die Unberechenbarkeit und Unbeherrschbarkeit der Liebe. Am Ende wirft sie José eine Blume zu.
Micaëla überreicht José einen Brief und berichtet, dass Josés Mutter ihr aufgetragen hat, ihn von ihr zu küssen. José ist gerührt und verwirrt von dieser überraschenden Erinnerung an sein früheres Leben.
Die Fabrikarbeiterinnen alarmieren die Wachsoldaten: Carmen hat im Streit eine Kollegin verletzt. Im Verhör durch Leutnant Zuniga antwortet Carmen nur provozierend. José erhält den Auftrag, Carmen zu bewachen. Flirtend und mit der Aussicht auf ein Wiedersehen in der Kneipe von Lillas Pastia bringt Carmen ihn dazu, seine Pflicht zu vernachlässigen. Carmen gelingt die Flucht.
2. Akt
Am Rande der Stadt betreibt Lillas Pastia eine improvisierte Kneipe, in der Zuniga und Morales zu Gast sind und von Frasquita und Mercédès unterhalten werden. Carmen singt ein aufstachelndes Lied. In Begleitung feiernder Soldaten kommt der Stierkämpfer Escamillo, wird bejubelt und zieht weiter.
Die Schmuggler Dancaïre und Remendado schlagen den Frauen ein kriminelles Manöver vor, bei dem die Frauen ihre weiblichen Reize einsetzen sollen. Frasquita und Mercédès schließen sich ihnen an, Carmen lehnt ab. Sie ist in José verliebt und will auf ihn warten.
José war wegen Carmens Flucht zwei Monate in Haft, heute sieht er sie erstmals wieder. Als schon nach kurzer Zeit das Signal zum Zapfenstreich ertönt, ist Carmen erbost, dass José ihm Folge leisten möchte. Der Streit eskaliert. Als José tatsächlich aufbrechen will, kommt Leutnant Zuniga zurück, der es ebenfalls auf Carmen abgesehen hat. José verteidigt sie aggressiv. Als José und Zuniga sich prügeln, kehren die Schmuggler zurück und setzen Zuniga außer Gefecht. José hat den Zapfenstreich ignoriert und seinen Vorgesetzten angegriffen und sich damit für ein Leben mit der Schmugglerbande entschieden.
3. Akt
Im Grenzgebiet treffen sich die Schmuggler und warten auf eine Gelegenheit, ihre Waren über die Grenze zu bringen. Carmen und José streiten sich, nicht zum ersten Mal: Sie möchte sich nichts befehlen lassen, er sieht in solchen Momenten »den Teufel« in ihr. Frasquita, Mercédès und Carmen legen sich die Karten: Mercédès sieht für sich die große Liebe voraus, während Frasquita sich einen reichen Ehemann und dessen baldiges Ableben prophezeit. Carmen erkennt in den Karten den Tod: erst ihren eigenen, dann den Josés.
Die Schmuggler machen sich an die Arbeit. Micaëla hat sich zu den Schmugglern durchgeschlagen und verpasst ihren Abzug nur knapp. Sie versteckt sich, um auf José zu warten.
José, der als Wache in der Nähe des Schmugglerlagers geblieben ist, trifft auf Escamillo, der Carmen sehen möchte. José geht mit dem Messer auf ihn los. Die zurückkehrenden Schmuggler trennen die Kämpfenden. Escamillo verabschiedet sich siegesgewiss und lädt alle zu seinem nächsten Stierkampf ein. Die Schmuggler entdecken Micaëla, die José drängt, zu seiner Mutter zurückzukehren. José zögert, weil er befürchtet, dass Carmen sich in seiner Abwesenheit Escamillo zuwenden könnte. Micaëla erzählt schließlich, dass Josés Mutter im Sterben liege, und kann ihn damit umstimmen. Von ferne ist Escamillos Lied zu hören.
4. Akt
Vor der Arena herrscht große Aufregung: Die Menge bejubelt die einziehenden Mitwirkenden des Stierkampfes. Als letztes kommt der begeistert empfangene Matador Escamillo. Bevor der Kampf beginnt, versichern er und Carmen sich ihre gegenseitige Liebe. Frasquita und Mercédès warnen Carmen vor José, den sie in der Menge gesehen haben, aber Carmen will der Konfrontation nicht ausweichen und bleibt allein zurück.
José stellt Carmen zu Rede, um sie zu einem Neuanfang zu drängen. Er bedroht sie, aber sie liebt ihn nicht mehr und ist nicht bereit zu heucheln. Während die Menge in der Arena dem erfolgreichen Escamillo zujubelt, ersticht José Carmen.
Weitere Informationen:
Es ist eine Geschichte voller Missverständnisse: Liebe wird verwechselt mit Begehren, eine Affäre mit einer exklusiven Beziehung, Zuneigung mit Besitzanspruch und Gewalt mit Leidenschaft. Doch den höchsten Preis in diesem Geflecht aus dysfunktionalen Verbindungen zahlt Carmen – eine Frau, die ihre Unabhängigkeit mehr liebt als alles andere, Männer eingeschlossen. Ihr Mörder ist der pflichtbewusste Soldat Don José, der bisher nur Augen für seine Mutter und die junge Micaëla hatte, mit der er gemeinsam aufgewachsen ist. Doch als er auf die von all seinen Kameraden begehrte Arbeiterin Carmen aufmerksam wird, ist es auch um ihn geschehen. Nach Carmens Festnahme aufgrund einer blutigen Handgreiflichkeit ermöglicht ihr José die Flucht und folgt ihr in die Illegalität, beide leben nun in einer Schmugglerbande. Doch im Zusammenleben setzt José Carmen mit seiner Eifersucht unter Druck und verliert ihre Zuneigung. Als er von einem Besuch bei seiner Mutter zurückkehrt, muss er feststellen, dass Carmen inzwischen den erfolgreichen Stierkämpfer Escamillo liebt. Obwohl Carmen um Josés Neigung zu unbeherrschter Gewalttätigkeit weiß, stellt sie sich der Konfrontation. Während Escamillo in der Arena einen Stier zur Strecke bringt, ersticht José auf dem Vorplatz seine ehemalige Freundin.
Dass die Oper ausschließlich in den unteren Gesellschaftsschichten, bei Soldaten, Schmugglern, spanischen Roma und Fabrikarbeiterinnen spielt, empfand das Pariser Publikum bei der Uraufführung 1875 als schockierend. Auch dass der sterbenden Titelheldin eine Abschiedsarie verweigert wird, empfand man als Ausdruck von Härte und Gewaltsamkeit. Erst mit der Wiener Aufführungsserie begann noch im gleichen Jahr der Siegeszug der Carmen. Zwei musikalische Motive prägen die Oper: Der selbstbewusste Refrain des berühmten »Toréador«-Liedes und ein geheimnisvolles, düsteres Motiv, das mit Carmens vorzeitigem und gewaltsamen Tod, der von ihr als schicksalhaft empfundenen wird, in Verbindung steht. Als im Finale in der Stierkampfarena der siegreiche Torero bejubelt wird, während die erstochene Carmen vor ihren Toren zusammenbricht, treffen die beiden Melodien zusammen.
Die literarische Vorlage der Oper – eine gleichnamige Novelle von Prosper Mérimée – zeigt Carmen als eine moralisch verkommene Person, die Männer skrupellos für ihre Zwecke ausnutzt oder gar in tödliche Fallen lockt. Georges Bizet und seine Librettisten verwandelten ihre Hauptfigur hingegen in eine faszinierende Frau, die für Männer gerade deshalb so attraktiv ist, weil sie sich tradierten Vorstellungen verweigert. Nicht mit ihrem Aussehen, sondern mit ihrer Stimme macht sie Don José auf sich aufmerksam, indem sie eine Habanera, ein Tanzlied afroamerikanischen Ursprungs, singt: »L’amour est un oiseau rebelle« (»Die Liebe ist ein rebellischer Vogel«). Carmens schillernde und unangepasste Persönlichkeit spiegelt sich in ihrer ebenso kraftvollen wie zarten Gesangspartie.
Die Figur der Micaëla gibt es in der literarischen Vorlage nicht, sie wurde von Bizet und seinen Librettisten als Gegenfigur zu Carmen hinzuerfunden. Die Musik zeichnet sie als sanft statt aufbrausend, als nachgiebig und vertraut statt fordernd und fremd: Ihre Liebe und die Liebe von Josés Mutter, als deren Botin sie fungiert, sind kaum voneinander zu trennen. Doch auch Micaëla hat eine andere, mutige und starke Seite, die sich spätestens zeigt, als sie ihre Angst überwindet und Don José auf seinen Abwegen folgt, um ihn von der Schmugglerbande zu trennen und an sich zu binden. Ob sie die Wahrheit sagt, wenn sie Don José mit der Behauptung, seine Mutter liege im Sterben, zum Mitkommen überredet, bleibt offen.
Nachdem Calixto Bieito als Schauspielregisseur Berühmtheit erlangt hatte, war Carmen 1999 seine erste große Opernregiearbeit. Seither hat er diese legendäre Inszenierung mehrfach überarbeitet und verfeinert. Für ihn ist Carmen weder die Männerphantasie einer Femme fatale noch Emanzipations-Symbol, sondern eine individuelle Persönlichkeit. Bieito zeigt die Welt der Soldaten, Arbeiterinnen und Ganoven in einem spanischen Grenzgebiet frei von »Zigeuner«-Kitsch und Klischeebildern; der Flamenco wird unter Carmens Freundinnen nur noch ironisch zitiert. Der Stierkampf aber ist ebenso lebendige Tradition wie Symbol für den Kampf zwischen zwei Menschen – oder verhält es sich umgekehrt? Ganz nebenbei ist diese Inszenierung auch eine Liebeserklärung des Regisseurs an die Menschen seines Heimatlandes.
Ein Besuch der Vorstellung wird ab 14 Jahren empfohlen.
HANDLUNG
1. Akt
Vor einer Zigarettenfabrik im Süden Spaniens schieben Soldaten Wache unter Leitung des Gefreiten Moralès. Micaëla, eine junge Frau aus dem Baskenland, sucht Don José, mit dem sie aufgewachsen ist. Dieser hat gerade keinen Dienst. Als die Soldaten zudringlich werden, flieht Micaëla.
Nach dem Wachwechsel, mit dem José seinen Dienst antritt, ist Pause in der Zigarettenfabrik. Die Arbeiterinnen treten auf den Platz – von den Männern begeistert betrachtet. Am begierigsten wird Carmen erwartet. Sie kommt und singt ein Lied über die Unberechenbarkeit und Unbeherrschbarkeit der Liebe. Am Ende wirft sie José eine Blume zu.
Micaëla überreicht José einen Brief und berichtet, dass Josés Mutter ihr aufgetragen hat, ihn von ihr zu küssen. José ist gerührt und verwirrt von dieser überraschenden Erinnerung an sein früheres Leben.
Die Fabrikarbeiterinnen alarmieren die Wachsoldaten: Carmen hat im Streit eine Kollegin verletzt. Im Verhör durch Leutnant Zuniga antwortet Carmen nur provozierend. José erhält den Auftrag, Carmen zu bewachen. Flirtend und mit der Aussicht auf ein Wiedersehen in der Kneipe von Lillas Pastia bringt Carmen ihn dazu, seine Pflicht zu vernachlässigen. Carmen gelingt die Flucht.
2. Akt
Am Rande der Stadt betreibt Lillas Pastia eine improvisierte Kneipe, in der Zuniga und Morales zu Gast sind und von Frasquita und Mercédès unterhalten werden. Carmen singt ein aufstachelndes Lied. In Begleitung feiernder Soldaten kommt der Stierkämpfer Escamillo, wird bejubelt und zieht weiter.
Die Schmuggler Dancaïre und Remendado schlagen den Frauen ein kriminelles Manöver vor, bei dem die Frauen ihre weiblichen Reize einsetzen sollen. Frasquita und Mercédès schließen sich ihnen an, Carmen lehnt ab. Sie ist in José verliebt und will auf ihn warten.
José war wegen Carmens Flucht zwei Monate in Haft, heute sieht er sie erstmals wieder. Als schon nach kurzer Zeit das Signal zum Zapfenstreich ertönt, ist Carmen erbost, dass José ihm Folge leisten möchte. Der Streit eskaliert. Als José tatsächlich aufbrechen will, kommt Leutnant Zuniga zurück, der es ebenfalls auf Carmen abgesehen hat. José verteidigt sie aggressiv. Als José und Zuniga sich prügeln, kehren die Schmuggler zurück und setzen Zuniga außer Gefecht. José hat den Zapfenstreich ignoriert und seinen Vorgesetzten angegriffen und sich damit für ein Leben mit der Schmugglerbande entschieden.
3. Akt
Im Grenzgebiet treffen sich die Schmuggler und warten auf eine Gelegenheit, ihre Waren über die Grenze zu bringen. Carmen und José streiten sich, nicht zum ersten Mal: Sie möchte sich nichts befehlen lassen, er sieht in solchen Momenten »den Teufel« in ihr. Frasquita, Mercédès und Carmen legen sich die Karten: Mercédès sieht für sich die große Liebe voraus, während Frasquita sich einen reichen Ehemann und dessen baldiges Ableben prophezeit. Carmen erkennt in den Karten den Tod: erst ihren eigenen, dann den Josés.
Die Schmuggler machen sich an die Arbeit. Micaëla hat sich zu den Schmugglern durchgeschlagen und verpasst ihren Abzug nur knapp. Sie versteckt sich, um auf José zu warten.
José, der als Wache in der Nähe des Schmugglerlagers geblieben ist, trifft auf Escamillo, der Carmen sehen möchte. José geht mit dem Messer auf ihn los. Die zurückkehrenden Schmuggler trennen die Kämpfenden. Escamillo verabschiedet sich siegesgewiss und lädt alle zu seinem nächsten Stierkampf ein. Die Schmuggler entdecken Micaëla, die José drängt, zu seiner Mutter zurückzukehren. José zögert, weil er befürchtet, dass Carmen sich in seiner Abwesenheit Escamillo zuwenden könnte. Micaëla erzählt schließlich, dass Josés Mutter im Sterben liege, und kann ihn damit umstimmen. Von ferne ist Escamillos Lied zu hören.
4. Akt
Vor der Arena herrscht große Aufregung: Die Menge bejubelt die einziehenden Mitwirkenden des Stierkampfes. Als letztes kommt der begeistert empfangene Matador Escamillo. Bevor der Kampf beginnt, versichern er und Carmen sich ihre gegenseitige Liebe. Frasquita und Mercédès warnen Carmen vor José, den sie in der Menge gesehen haben, aber Carmen will der Konfrontation nicht ausweichen und bleibt allein zurück.
José stellt Carmen zu Rede, um sie zu einem Neuanfang zu drängen. Er bedroht sie, aber sie liebt ihn nicht mehr und ist nicht bereit zu heucheln. Während die Menge in der Arena dem erfolgreichen Escamillo zujubelt, ersticht José Carmen.
Weitere Informationen:
Es ist eine Geschichte voller Missverständnisse: Liebe wird verwechselt mit Begehren, eine Affäre mit einer exklusiven Beziehung, Zuneigung mit Besitzanspruch und Gewalt mit Leidenschaft. Doch den höchsten Preis in diesem Geflecht aus dysfunktionalen Verbindungen zahlt Carmen – eine Frau, die ihre Unabhängigkeit mehr liebt als alles andere, Männer eingeschlossen. Ihr Mörder ist der pflichtbewusste Soldat Don José, der bisher nur Augen für seine Mutter und die junge Micaëla hatte, mit der er gemeinsam aufgewachsen ist. Doch als er auf die von all seinen Kameraden begehrte Arbeiterin Carmen aufmerksam wird, ist es auch um ihn geschehen. Nach Carmens Festnahme aufgrund einer blutigen Handgreiflichkeit ermöglicht ihr José die Flucht und folgt ihr in die Illegalität, beide leben nun in einer Schmugglerbande. Doch im Zusammenleben setzt José Carmen mit seiner Eifersucht unter Druck und verliert ihre Zuneigung. Als er von einem Besuch bei seiner Mutter zurückkehrt, muss er feststellen, dass Carmen inzwischen den erfolgreichen Stierkämpfer Escamillo liebt. Obwohl Carmen um Josés Neigung zu unbeherrschter Gewalttätigkeit weiß, stellt sie sich der Konfrontation. Während Escamillo in der Arena einen Stier zur Strecke bringt, ersticht José auf dem Vorplatz seine ehemalige Freundin.
Dass die Oper ausschließlich in den unteren Gesellschaftsschichten, bei Soldaten, Schmugglern, spanischen Roma und Fabrikarbeiterinnen spielt, empfand das Pariser Publikum bei der Uraufführung 1875 als schockierend. Auch dass der sterbenden Titelheldin eine Abschiedsarie verweigert wird, empfand man als Ausdruck von Härte und Gewaltsamkeit. Erst mit der Wiener Aufführungsserie begann noch im gleichen Jahr der Siegeszug der Carmen. Zwei musikalische Motive prägen die Oper: Der selbstbewusste Refrain des berühmten »Toréador«-Liedes und ein geheimnisvolles, düsteres Motiv, das mit Carmens vorzeitigem und gewaltsamen Tod, der von ihr als schicksalhaft empfundenen wird, in Verbindung steht. Als im Finale in der Stierkampfarena der siegreiche Torero bejubelt wird, während die erstochene Carmen vor ihren Toren zusammenbricht, treffen die beiden Melodien zusammen.
Die literarische Vorlage der Oper – eine gleichnamige Novelle von Prosper Mérimée – zeigt Carmen als eine moralisch verkommene Person, die Männer skrupellos für ihre Zwecke ausnutzt oder gar in tödliche Fallen lockt. Georges Bizet und seine Librettisten verwandelten ihre Hauptfigur hingegen in eine faszinierende Frau, die für Männer gerade deshalb so attraktiv ist, weil sie sich tradierten Vorstellungen verweigert. Nicht mit ihrem Aussehen, sondern mit ihrer Stimme macht sie Don José auf sich aufmerksam, indem sie eine Habanera, ein Tanzlied afroamerikanischen Ursprungs, singt: »L’amour est un oiseau rebelle« (»Die Liebe ist ein rebellischer Vogel«). Carmens schillernde und unangepasste Persönlichkeit spiegelt sich in ihrer ebenso kraftvollen wie zarten Gesangspartie.
Die Figur der Micaëla gibt es in der literarischen Vorlage nicht, sie wurde von Bizet und seinen Librettisten als Gegenfigur zu Carmen hinzuerfunden. Die Musik zeichnet sie als sanft statt aufbrausend, als nachgiebig und vertraut statt fordernd und fremd: Ihre Liebe und die Liebe von Josés Mutter, als deren Botin sie fungiert, sind kaum voneinander zu trennen. Doch auch Micaëla hat eine andere, mutige und starke Seite, die sich spätestens zeigt, als sie ihre Angst überwindet und Don José auf seinen Abwegen folgt, um ihn von der Schmugglerbande zu trennen und an sich zu binden. Ob sie die Wahrheit sagt, wenn sie Don José mit der Behauptung, seine Mutter liege im Sterben, zum Mitkommen überredet, bleibt offen.
Nachdem Calixto Bieito als Schauspielregisseur Berühmtheit erlangt hatte, war Carmen 1999 seine erste große Opernregiearbeit. Seither hat er diese legendäre Inszenierung mehrfach überarbeitet und verfeinert. Für ihn ist Carmen weder die Männerphantasie einer Femme fatale noch Emanzipations-Symbol, sondern eine individuelle Persönlichkeit. Bieito zeigt die Welt der Soldaten, Arbeiterinnen und Ganoven in einem spanischen Grenzgebiet frei von »Zigeuner«-Kitsch und Klischeebildern; der Flamenco wird unter Carmens Freundinnen nur noch ironisch zitiert. Der Stierkampf aber ist ebenso lebendige Tradition wie Symbol für den Kampf zwischen zwei Menschen – oder verhält es sich umgekehrt? Ganz nebenbei ist diese Inszenierung auch eine Liebeserklärung des Regisseurs an die Menschen seines Heimatlandes.
Ein Besuch der Vorstellung wird ab 14 Jahren empfohlen.
SchauspielerInnen
- Carmen
- Vasilisa Berzhanskaya
- Don José
- Vittorio Grigolo
- Escamillo,Toreador
- Alexey Markov
- Micaëla
- Kristina Mkhitaryan
Künstlerisches Team
- Musikalische Leitung
- Asher Fisch
- Inszenierung
- Calixto Bieito
- Szenische Einstudierung
- Joan Anton Rechi
- Bühne
- Alfons Flores
- Kostüme
- Mercè Paloma
- Licht
- Alberto Rodriguez Vega