Mein Theatersommer: Johanna Sophia Baader
Die vielseitige Künstlerin Johanna Sophia Baader erlebt bei den Festwochen Gmunden gerade ihren ersten Theatersommer. Ab 17. September ist Schnitzlers „Reigen" dann auch im Landestheater Niederösterreich zu sehen.
Wie geht es dir und wo erwischen wir dich gerade?
Nachdem wir ja gerade im schönen Gmunden proben, würde ich natürlich am liebsten sagen können, dass es mir – der Umgebung entsprechend – blendend geht und ich den kühlen Traunsee genieße, aber leider hat es ein gewisses Coronavirus geschafft, meine Pläne zu durchkreuzen und so liege ich in diesem Moment hustend im Bett, wobei ich mich zum Glück schon auf dem Weg der Besserung befinde. Ich bleibe zuversichtlich, dass das mit dem „blendend“ und dem kühlen Traunsee noch kommt …
Wie ist es, bei diesen Temperaturen zu proben?
Natürlich ist es fordernder und anstrengender, auch für die Stimme, aber gleichzeitig ist es auch schön, wenn man nach einer Probe noch mit den Kolleg*innen draußen sitzen kann, das macht etwas mit dem Ensemblegefühl.
Wie sehen deine Strategien für einen kühlen Kopf aus?
Physisch würde ich sagen: Fächer sind eine ziemlich gute Erfindung!
Mental empfinde ich es als eine Art Entscheidung. Nervosität und Lampenfieber sind normal, jedoch kann man sehr unterschiedlich damit umgehen. Wenn man diese Gefühle der Aufregung als Angst begreift, die gegen einen arbeitet, lässt man sich davon vereinnahmen - das ist dann kontraproduktiv und man verliert die Kontrolle, weil man ausgeliefert ist.
Aber wenn man versteht, dass Lampenfieber auch ein Katalysator sein kann, der einem ordentlich Wind unter die Flügel pustet, dann kann man mit dieser Energie bewusst umgehen und sie für sich nutzen! Dann kann man mit kühlem Kopf und warmem Herzen spielen.
Begeistert und bewegt
Wie schaut ein typischer Theatersommer bei dir aus?
Da das mein erster Theatersommer ist, kann ich nicht beschreiben, was ein „typischer Sommer“ wäre, aber ich muss sagen, dass es mir so – bis auf die Covid-Erkrankung - sehr gut gefällt! Ich arbeite gerne, insbesondere mit so einem tollen Ensemble und Regieteam und empfinde es als sehr erfüllend, so einen Teil meines Sommers zu verbringen.
Bleibt da noch Zeit für Freizeit?
Meinem Empfinden nach absolut. Natürlich gibt es Probenphasen, die wenig anderes nebenher zulassen, aber an anderen Tagen hat man durchaus Zeit spazieren zu gehen, ein bisschen in den See zu springen, zu lesen, einen Kaffee in der Sonne zu genießen, zu lesen …
Wir würdest du die Atmosphäre in Gmunden beschreiben?
Auf mich wirkt Gmunden sehr entspannt, freundlich, offen und ein bisschen aus der Zeit gefallen, was ich irgendwie sehr sympathisch und entschleunigend finde.
Welche neue Begegnung hat dich besonders überrascht oder begeistert?
Eigentlich finde ich die meisten Begegnungen überraschend, wenn man sich wirklich für das Gegenüber interessiert. Menschen und deren Geschichten sind so wenig vorhersehbar. Jede einzelne Begegnung mit den Ensemblekolleg*innen empfinde ich als sehr bereichernd. Hier in Gmunden lernen wir einander auf einer tieferen Ebene kennen, weil wir mehr Zeit miteinander verbringen als zuhause in Wien und ich finde es immer wieder berührend, was jede Person an Erlebtem, Erlittenem, Erfahrenem, und dadurch eben auch an einer ganz eigenen Farbe und Qualität mit sich bringt! Das begeistert und bewegt mich!
Fluide Dynamik
Wie reagiert das Publikum im Sommer? Anders als sonst?
Das werde ich hoffentlich bald rausfinden! Ich wäre ja dafür, dass es lustvoll mitfiebert und sich mitreißen lässt!
Gibt es etwas, das du uns über deine Rolle erzählen möchtest?
Ich will nicht zu viel verraten, aber in der Inszenierung des „Reigen“ von Franz-Xaver Mayr geht es meinem Empfinden nach weniger um die Rollen als feststehende Personen und um eine „Story“, sondern vielmehr darum, die Rollen als Farben zu begreifen, mit denen man als Spieler*in kurz malt, um dann wieder eine neue Farbe auf die Leinwand zu bringen. Durch diese fluide Dynamik, ergibt sich eine sehr spannende, allgemeingültige Ebene, die uns mal den Spiegel vorhält, mal mit Humor den Nagel auf den Kopf trifft und uns so begreiflich macht, dass all diese Farben auch in jedem und jeder Einzelnen von uns stecken. Sei es durch unsere Prägung, unsere Triebe oder auch unsere Träume und Sehnsüchte.
Dein Lese-, Musik- oder Podcasttipp für den Sommer?
Ein Buch, welches für meinen Geschmack die richtige Mischung aus Leichtigkeit, Tiefe, Anspruch und Spannung für heiße Sommertage hat, ist „Was ich liebte“ von Siri Hustvedt. Überhaupt eine tolle Autorin, wie ich finde.
Ein spannendes Hörerlebnis ist das Album „Extrametric“ meiner wunderbaren Studienfreundin Katharina Ernst. Und dann: das wunderschöne Andante aus dem Klaviertrio in G-Moll op. 17 von Clara Schumann.
Ein Podcast, den ich gerne höre, ist „Sternstunde Philosophie“ des SRF Kultur. Sehr zu empfehlen!
Zur Person: Johanna Sophia Baader
Johanna Sophia Baader (Sopran) studierte von 2007 bis 2011 Malerei an der Akademie der bildenden Künste Wien in der Klasse von Erwin Bohatsch. Parallel dazu begann sie ein privates Gesangstudium bei ihrer Cousine, der Mezzosopranistin Christina Baader, und diplomierte von 2011 bis 2014 am Prayner Konservatorium im Aufbaustudiengang „Opernrepertoire“ bei Maksimilijan Cencic. Auf der Theaterbühne war sie unter anderem schon im Schauspielhaus Wien und im Schauspielhaus Graz zu erleben.