Alexey Popov: Erster Solotänzer des Wiener Staatsballetts
Als Kind zweier Tänzer wuchs der gebürtige Moldawier im Theater auf, entdeckte mit 10 Jahren das Ballett für sich und absolvierte eine Ausbildung an der berühmten Waganowa-Ballettakademie Sankt Petersburg. Anschließend war er sechs Jahre in der Ballettcompagnie des Mariinski-Theaters und fünf Jahre beim Bayerischen Staatsballett engagiert. Seit der Spielzeit 2021/22 ist er Erster Solist des Wiener Staatsballetts.
Können Sie uns bitte kurz Ihren Werdegang beschreiben?
Ich bin in Moldawien zur Welt gekommen und habe in Sankt Petersburg an der Waganowa Ballett-Akademie studiert. Danach war ich sechs Jahre beim Mariinski Theater engagiert, ehe ich auf Einladung des Bayrischen Staatsballetts nach München kam, wo ich fünf Jahre blieb. Als Martin Schläpfer Ballettdirektor in Wien wurde, bin ich zur Compagnie gestoßen.
Wann war Ihnen persönlich klar, dass Sie Ihre Leidenschaft zum Beruf machen wollten?
Meine Eltern waren beide Tänzer. Ich bin buchstäblich im Theater aufgewachsen und wusste immer, dass Tanzen eine Profession und nicht bloß Spaß ist. Als ich mit 10 Jahren zu tanzen begonnen habe, war bereits klar, dass dies meine Zukunft sein würde.
Welche Fähigkeiten sollte man Ihrer Meinung nach mitbringen, wenn man professionell tanzen möchte?
Das sind einige. Koordination, Musikalität, Beweglichkeit sind sicher wichtige Faktoren. Ballett ist allerdings Kunst. Die Persönlichkeit eines Tänzers ist ausschlaggebend, nicht die Sprünge, Drehungen und Bewegungen. Man muss etwas zu erzählen haben. Schauspielerisches Talent benötigt man auf jeden Fall auch.
Was tun Sie, um gesund und fit zu bleiben?
Wir machen dafür viel. Aber ich bin das seit meiner Schulzeit gewöhnt. Im Waganowa-Akademie-System war es so, dass der Unterricht um 9.20 Uhr begonnen hat und um 20 Uhr zu Ende war. Wir waren also den ganzen Tag beschäftigt mit klassischem Ballett, mit Duetten, Musik- und Klavierstunden, Geschichte … alles an einem Ort. Daneben sind wir auch manchmal im Theater aufgetreten. Heutzutage gehen wir natürlich ins Gym, was auch notwendig ist.
Mögen Sie die Bühne?
Ich liebe sie. Alles, vom Training bis zu den Proben, ist eine Vorbereitung für die Bühne. Für mich ist sie das Ziel und der Zweck meines Tuns. Der aufregendste Moment ist der Auftritt; wenn man die Resultate der Bemühungen zeigen kann.
Haben Sie Lampenfieber?
Manchmal. Ehrlich gesagt, hängt das davon ab, wie gut man vorbereitet ist.
Viele Schauspieler können Ihre Texte auch noch nach Jahren auswendig. Wie geht es Ihnen diesbezüglich mit den Choreographien?
Das ist beim Ballett genauso. Wir können uns auch an jede Rolle erinnern, die wir jemals getanzt haben. Ich persönlich versuche, vor jedem Auftritt – sei es eine dramatische Rolle oder eine historische wie bei „Onegin” – das Buch von Anfang an zu lesen. Denn die kleinen Details sind mir sehr wichtig. Die Schattierungen machen eine Performance aus.
Welche Interessen haben Sie neben dem Tanz?
Ballett benötigt all meine Zeit. Ich versuche gerade, Deutsch zu lernen, das versuche ich aber schon seit fünf Jahren. Aber wenn ich abends nachhause komme, bin ich müde und will mich ausruhen. Man hat wirklich wenig Zeit, auch nach Proben oder Vorstellungen gehe ich noch schwimmen oder ins Gym. Natürlich verbringe ich Zeit mit meiner Familie. Ansonsten ist das Theater mein Leben.
Tanzen Sie auch privat?
Nein. Es ist für einen Tänzer viel zu riskant, in einen Club zu gehen. Unser Körper ist unser Kapital, und ich versuche alles zu vermeiden, was ihm schaden könnte. Ich gehe nicht einmal Eislaufen. Aber ich brauche meine Energie ohnehin für den Beruf.