Was ist so faszinierend an „Miss Saigon“, Herr Struppeck?
Miss Saigon‘ ist ein außergewöhnliches Stück, das seit mehr als drei Jahrzehnten die Menschen auf der Welt begeistert. Wir haben bei Musical-Intendant Christian Struppeck nachgefragt, warum?
Es gehört in die Ära der sogenannten britischen Mega-Musicals, die in den 90er-Jahren entstanden sind und sich durch besonders großen Aufwand ausgezeichnet haben, auch durch besonders große Emotion. Wir spielen aber die neue Fassung aus dem Jahr 2014, eine überarbeitete und modernisierte Version in der neuen Regie von Laurence Connor. Es ist eine sehr emotionale Geschichte, wahrscheinlich die bewegendste Geschichte, die jemals in einem Musical erzählt wurde. Es hat sehr viel Lokalkolorit – es spielt in Asien, was ungewöhnlich ist. Das Stück hat einen großen Cast, mit Amerikanern und Vietnamesen, die authentisch besetzt sind. Deshalb wird es auch wenig gespielt, weil es einfach wahnsinnig aufwendig ist, das zu produzieren und zu casten. Es hat auch ein riesiges Orchester. Wir haben gesagt, für die Eröffnung wollen wir diesen Auf- wand betreiben und etwas ganz Spektakuläres machen.
Schlüsselszene
Im zweiten Akt gibt es die berühmte Schlüsselszene, wo ein Hubschrauber auf der Bühne landet, Leute steigen ein, und der Hubschrauber fliegt wieder weg. Diese Szene gehört zu den beeindruckendsten, die es im Musical jemals gab und auf die alle warten. Eine schwierige Szene. Die Geschichte ist so unglaublich ergreifend, dass sie auch Menschen interessiert, die sonst nicht ins Musical gehen. Der fernöstliche Flair ist auch etwas Besonderes, weil er sehr authentisch dargestellt wird. Da verkleidet sich auch niemand. Asiaten müssen auch asiatisch besetzt sein.
Casting
Wir haben 1.800 Bewerbungen gehabt und unzählige Auditions in vier Ländern abgehalten. Wir haben monatelang gecastet – mit Menschen, die aus der ganzen Welt kamen. Das war wegen Corona natürlich schwierig. In Grundzügen basiert es auf derselben Vorlage wie ‚Madama Butterfly‘, nämlich auf der Novelle ‚Madame Chrysanthème‘, aber natürlich in eine andere Zeit verlegt. Es ist sehr authentisch erzählt, die Darsteller sind schauspielerisch sehr gefordert. Die zwischenmenschlichen Probleme werden erzählt wie in einem Film oder einem Theaterstück. Es ist gesanglich eine große Herausforderung, aber die Sänger müssen auch hervorragend spielen. Es lohnt sich wirklich, das einmal gesehen zu haben.
Zur Person: Christian Struppeck, VBW-Musical-Intendant
Sein Musical-Moment war „My Fair Lady“. Mit 17 spielte er bereits in der „Rocky Horror Show“ in Berlin. Struppeck schreibt selbst Musical-Hits („I Am From Austria“) und führt höchst erfolgreich das Ronacher und das Raimund Theater.