Valentin Späth: Menschenfreund und Musikus
Breisgau – Sibiu – Wien. Valentin Späth spielte jahrelang Theater in Rumänien und erprobt sich nun hierzulande als Bühnenliebling der Kids. Aktuell mischt er gerade Shakespeare auf. Was kann er noch? Zum Beispiel Kunstpfeifen.
„Vergessen du musst, was früher du gelernt.“ Das Zitat des kleinen grünen humanoiden Aliens Yoda aus „Star Wars: Episode V“ ist auch das Lebensmotto des großen, schlanken Schauspielers. Damit sind aber nicht textliche Altlasten gemeint, vielmehr verbirgt sich dahinter eine Arbeitsregel. „Ich hatte das Glück, mit den unterschiedlichsten Regisseuren zu kooperieren, und habe gemerkt, dass jeder eine ganz eigene Sicht auf Stücke und Akteure hat. Bei einer neuen Produktion ist es am wichtigsten, zu verstehen, was der Regisseur denkt und will. Schließlich müssen wir irgendwann auf einer Wellenlänge sein und über das Gleiche sprechen.“ Also weg mit allem, was war, um offen zu sein für das Aktuelle. Bevor wir über Letzteres sprechen, widmen wir uns aber doch noch der Vergangenheit.
Valentin Späth kam im beschaulichen Städtchen Staufen im Breisgau zur Welt. Seine Mutter arbeitete als Pfarramtssekretärin, sein Vater war Hausmeister an einer Waldorfschule, die auch der Sohn besuchte. Der wollte erst Lokführer werden, die Schule war dann doch Anlass zum beruflichen Richtungswechsel ins musische Fach. Plan A wäre allerdings ein Musikstudium gewesen, denn Valentin Späth lernte erst Tenorhorn, dann Trompete und entwickelte schließlich an der Tuba – „mein Instrument!“ – große Talente.
„Im kleinstädtischen Leben gehört es dazu, ein Instrument zu spielen. Ich habe mit acht Jahren zu musizieren begonnen und von der Jugendkapelle über sinfonische Blasorchester bis hin zu Blasquintetten alles durchlaufen.“
Als er während der Grundausbildung bei der Bundeswehr, wo er eigentlich in einer der Heeresuniversitäten Musik studieren wollte, ausgemustert wurde, „hatte ich zunächst keine Idee, wie es weitergehen sollte“.
Sich an Theateraufführungen in der Waldorfschule erinnernd, meldete er sich an der Schauspielschule in Freiburg an, wurde genommen und – Schauspieler!
Professionelles Online-Date
Sein erstes Engagement führte ihn an die deutsche Abteilung des Nationaltheaters Radu Stanca Sibiu. Erstaunlicherweise über eine Annonce. „Es gab eine Theaterplattform, auf der man gegen einen monatlichen Mitgliedsbeitrag über die aktuellsten Jobausschreibungen informiert wurde. Ich habe das Radu-Stanca-Inserat gelesen, ein Vorstellungsvideo gedreht, meine Unterlagen geschickt und wurde für vier Tage nach Sibiu eingeladen.“
Daraus wurden fünf Jahre, in denen er enorm viel spielte und nebenbei auch noch ganz passabel Rumänisch lernte. Ebendort schloss er Bekanntschaft mit dem österreichischen Regisseur Josef Maria Krasanovsky, der in Rumänien Wolfram Lotz’ „Einige Nachrichten an das All“ auf die Bühne brachte und ihn dem Theater der Jugend empfahl.
Auf das Vorsprechen folgte direktorale Zustimmung und schließlich die Verpflichtung. 2020 gab Valentin Späth in „Der Glöckner von Notre Dame“ sein Wien-Debüt, dem trotz der Pandemie mit „Krieg der Welten“ und „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ noch zwei weitere Stücke folgen sollten. Wien mag ihn, und er mag die Stadt und ihre Menschen. Eine Win-win-Situation, an der sich so bald auch nichts ändern dürfte.
„Ich bin kein Fan überfüllter Städte wie Berlin oder Bukarest, Wien fühlt sich nicht an wie eine bedrückende Großstadt, schon gar nicht in den Außenbezirken. Und ich schätze die Wiener Art, den Schmäh, den Dialekt. Das hat Charme. Als Süddeutscher würde ich mich in Norddeutschland wahrscheinlich fremder fühlen als hier.“
Kopfüber ins Abenteuer
Mit Kinder- und Jugendtheater hatte Valentin Späth keine Erfahrung. „Ich wusste nicht, was mich erwartet, und dachte, da rennen Schauspieler in Löwenkostümen über die Bühne“, amüsiert ihn seine Ahnungslosigkeit heute selber. „Umso überraschter war ich, mit welchem Anspruch am TdJ gearbeitet wird. Von der Herangehensweise gibt es keinen Unterschied zu ‚Erwachsenentheater‘, die Differenzierung besteht höchstens darin, dass es weniger Brutalität und Obszönität gibt.“ Die er, das gibt er zu, als Tarantino-Adorant manchmal vermisst.
Dafür entschädigt ihn die Rollenvielfalt. Wie in „Das große Shakespeare-Abenteuer“, das in der Wiederaufnahme noch bis 26. Juni auf dem Spielplan steht. Marius Zernatto durchlebt als junger William gemeinsam mit seinem Kompagnon Puck viele seiner späteren Stücke im Schnelldurchlauf beziehungsweise gerät er in Situationen, die ihn zu ebendiesen Stücken inspirieren. Pointen und Zitate wechseln einander ab. „Er stolpert also quasi durch seine eigene Dimension“, fasst es Valentin Späth zusammen.
Er selbst ist dabei in vier Rollen zu sehen: als Zauberer Prospero, Schauspieler John Lowin, Matrose und – ein spezieller Spaß – als eine der „Macbeth“-Hexen. „Mehrere Charaktere verkörpern zu dürfen ist selten und daher ein Privileg. Ich bin nur froh, dass ich keinen Schnellumzug habe, sondern dass zwischen den einzelnen Szenen genug Zeit bleibt.“ Andernfalls bestünde die Gefahr, eventuell mit dem falschen Make-up oder Kostüm auf die Bühne treten zu müssen …
Er pfeift sich was
In Valentin Späths Kurzbiografie steht, dass er Kunstpfeifen beherrscht. Wir bitten um nähere Erklärung. „Es gibt Leute, die pfeifen, und es hört sich furchtbar an. Ich pfeife und treffe dabei die Töne, ich kann tatsächlich jede Melodie pfeifen. Wahrscheinlich kommt das von der Lippenspannung in der Blasmusik.“ Sonst noch etwas – eine weitere seltene Begabung? „Nein, privat bin ich eher langweilig“, bekennt das Multitalent. „Ich treffe mich gerne mit Freunden zum Kartenspielen, auch Brett- und Gesellschaftsspiele stehen häufig auf dem Programm.“ Ähem. Das stimmt einen nun fast ein wenig froh.