Culture Clash in Serie
Was entsteht, wenn eine japanische Daily Soap ins Bairische, Sächsische oder Steirische übertragen wird? Wenn Gerhard Polt und Michael Ostrowski beteiligt sind: große Komik.
Gerhard Polt ist in Humorkreisen Kult. Und Michael Ostrowski auf dem besten Weg dazu. Wenn sich nun beide für eine Fernsehserie zusammenschließen und sich auch noch Vollblutschauspielerin Gisela Schneeberger dazugesellt, darf man sich freuen. Sehr sogar. Erst recht, als „Die Vroni aus Kawasaki“, so ihr Titel, einer japanischen Daily Soap entspringt, die im Land der aufgehenden Sonne in 156 Folgen mit großem Erfolg lief.
Martin Polt, Sohn des großen Kabarettisten und Menschendarstellers, hatte die Idee, aus ebendieser Serie – Originaltitel: „Hanbun, Aoi“ – durch Synchronisation etwas Neues zu kreieren. Der Stoff blieb in wesentlichen Zügen erhalten, doch alle Charaktere sprechen nun deutsche Dialekte. Sächsisch, bairisch oder, wie Michael Ostrowski, steirisch. Daraus entwickelt sich eine Komödie, die, und das ist der schmale Grat, auf dem das gesamte Unterfangen wandelt, nicht in Klamauk abgleitet. „Es ist eine Übertragung“, erklärt Gerhard Polt im Interview, „man könnte das auch gar nicht übersetzen. Man nimmt gewissermaßen eine Identität und stellt sie in einen an- deren Kontext. Dadurch wird es schräg. Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen, indem die Figuren unterschiedliche Dialekte sprechen.
Man kann die Handlung gut nachvollziehen, aber durch die Sprache bekommt es etwas Doppelbödiges.“ Michael Ostrowski erzählt, dass er im Studio automatisch eine japanische Sprechhaltung eingenommen habe. „Ich kann das gar nicht trennen. Wenn man Schauspieler ist, hat man die Figur auch im Körper. Man entwickelt eine Rolle stark über das Sprechen, aber eben auch über die Haltung.“ Die während des Herstellungsprozesses vorherrschende Gaudi, von der Gerhard Polt spricht, entsprang auch einer gehörigen Portion Improvisation, so gut die Dialogbücher auch waren. 10 Folgen stehen auf ServusTV zur Ausstrahlung bereit, 146 weitere wären im Original noch vorrätig.
Ähnlichkeit & Wertschätzung
Gerhard Polt und Michael Ostrowski kennen einander bereits von anderen Projekten. Sie spielten etwa gemeinsam im Film „Und Äktschn!“ von Regisseur Frederick Baker und werden demnächst auch in der schwarzen Komödie „Der Onkel – The Hawk“, bei der Ostrowski als Co-Regisseur fungierte und das Dreh- buch mitschrieb, zu sehen sein.
Was sie aneinander schätzen, fasst Gerhard Polt kurz und klar zusammen: „G’fundn und troffa“ – so sagt man in Bayern. Michael Ostrowski muss tiefer Luft holen. „Ich habe als Kind alles von ihm gehört und gesehen, was es gegeben ihm, und das ist vielleicht die Verbindung zur jetzigen Zusammenarbeit bei ‚Die Vroni aus Kawasaki‘, dass ich bei ihm auch viel über das Hören mitbekommen habe. Über die Sprache. Er und auch Gisela Schneeberger können Figuren stark durch die Art, wie sie reden, entstehen lassen. Ich hatte auch das Glück, ihn sehr früh live auf der Bühne zu erleben. Diese Mischung aus genauer Beobachtung und Anarchie hat mich immer umgehauen.“ Lässt sich die bayerische Humorwelt mit der österreichischen vergleichen? „Insofern, als der Bischof von Passau 500 Jahre lang auch Bischof von Wien war“, sagt Gerhard Polt und schmunzelt, „wobei ich nicht weiß, ob der Humor aufeinander abgefärbt hat.“ Michael Ostrowski betont, ebenfalls nicht ganz ironiefrei, dass auch er das kirchengeschichtlich nicht beurteilen könne. „Aber ich spüre eine Nähe zwischen dem Bayerischen und dem Österreichischen, es gibt trotz aller Unterschiede eine große gegenseitige Wertschätzung. Das Bayerische ist vielleicht eine Spur härter im Humor.“
Noch nie in Tokio
Beide kennen Nippon nur aus der Ferne. „Ich habe keine Affinität zu Japan und bin nicht einmal ein großer Sushi-Esser“, bekennt Gerhard Polt. „Ich weiß aber, dass dort Samuraischwerter hergestellt werden, die einen enormen Wert haben können. Ich bin nämlich einmal im Flieger nach England neben einem Herrn gesessen, der in London eine Okkasion vermutet hat – und zwar ein Samuraischwert aus dem 17. Jahrhundert, das nur eineinhalb Millionen Euro kosten sollte. Denn in Australien wurde ein ähnliches Schwert um zwei Millionen angeboten.“ Ungläubiges Staunen und Heiterkeit bei allen Anwesenden. „Ich war ebenfalls noch nie in Japan“, so Michael Ostrowski, „bin aber ein großer Fan japanischer Filme. Einer meiner Lieblingsregisseure ist Takashi Miike, ein vollkommen Besessener, der im Jahr drei Filme herausbringt.“
Vielleicht werden die Herren Polt und Ostrowski durch „Die Vroni aus Kawasaki“ nun selber zu Stars im Lande des Tenno. „Das ist eigentlich unsere Hoffnung“, scherzt Michael Ostrowski, „dass die uns wieder zurück synchronisieren ...“