Jugend ohne Gott von Ödön von Horváth
Hermann Hesse empfiehlt den Roman 1938 als Querschnitt des moralischen Weltzustandes der Gegenwart an Alfred Kubin. Mehr zum Inhalt und den Hintergründen von Horváths drittem Roman erfahren Sie hier in einer Zusammenfassung.
Inhalt
Der Roman dreht sich um einen Lehrer, der ins Visier von Eltern und Schülern gerät, weil er den Schüler N. darauf aufmerksam macht, dass "Neger" aus seiner Sicht ein abfälliges Wort sei und nicht verwendet werden sollte.
Durch die Gunst des Direktors bleibt der Lehrer an der Schule und wird als Aufsichtsperson in ein Zeltlager, das als militäre Frühausbildung gedacht ist, mitgeschickt. Dort liest er das Tagebuch des Schülers Z., obwohl dort ausdrücklich steht, dass jeder sterben werde, der es liest, und findet heraus, dass jener Schüler mit der Chefin einer Räuberbande liiert ist. Z. verdächtigt N., der daraufhin erschlagen aufgefunden wird. Vor Gericht gibt der Lehrer zu, das Tagebuch gelesen zu haben und auch Eva, die Anführerin der Bande, stellt sich, klagt aber einen anderen Schüler, T., als Täter an.
Auf Nachforschungen des Lehrers hin erhängt sich T. und gesteht in seinem Abschiedsbrief den Mord. Der Lehrer geht nach Afrika, um dort zu unterrichten.
Werkgeschichte
Jugend ohne Gott entstand 1937 und wurde kurz darauf in acht Sprachen übersetzt. Horváths dritter Roman basiert auf dem Fragment Der Lenz ist da! Frühlingserwachen in unserer Zeit. Die Leitmotive – ein militärisch-autoritäres Staatssystem, Sozialkritik und Liebe – finden sich auch in Jugend ohne Gott wieder.
Im Werk stellt sich der Lehrer immer wieder die Frage nach Gott und seiner Existenz. Am Ende glaubt er diese bestätigt zu wissen, da die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Neben der Thematik des Glaubens steht vor allem die Gedanken- und Lieblosigkeit der Jugend im Dritten Reich im Zentrum. Diese Gleichgültigkeit wird durch die Namensgebung, die nur mit Buchstaben erfolgt, verdeutlicht. Ein Lehrerkollege, genannt "Julius Cäsar", nennt die Gegenwart "Zeitalter der Fische", womit gemeint ist, das Jugendliche des Dritten Reichs zu Mitläufern erzogen werden, die nicht eigenständig denken sollen.
1938 wurde das Werk von der Gestapo in die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ aufgenommen.
Adaptionen
Kurz vor seinem Unfalltod 1938 verhandelte Horváth mit dem Regisseur Robert Siodmak über eine Verfilmung, jedoch ließ letzterer das Vorhaben nach dem Tod des Autors fallen. Es entstanden jedoch andere Verfilmungen: Nur der Freiheit gehört unser Leben 1969, Wie ich ein Neger wurde 1971, zwei deutsche Produktionen 1991 und 2017 sowie eine französische.
Paul Graham Brown schrieb ein auf dem Roman basierendes Musical. Dieses wird beispielsweise am Staatstheater Wiesbaden 2022 Premiere feiern.
Doch auch auf die Theaterbühnen schaffte es Horváths Roman: Im Theater in der Josefstadt feierte eine Bearbeitung von Christopher Hampton 2009 Premiere. 2020 wurde eine Inszenierung von Tina Müller in Köln gezeigt.
Prominente Interpreten
In der deutschen Verfilmung von 2017 spielen einige bekannte Gesichter mit, etwa Emilia Schüle, Anna Maria Mühe, Fahri Yardim, Jannik Schühmann oder Iris Berben.
In der Inszenierung der Josefstadt war Cornelius Obonya in der Rolle des Lehrers zu sehen.