Nach Europa hinausschauen: Marie Rötzer bleibt bis 2028 am Landestheater NÖ
Auch in Zukunft möchte Theaterchefin Marie Rötzer das Landestheater Niederösterreich international ausrichten. Im Jänner steht außerdem eine Uraufführung von Frank Castorf auf dem Programm.
Seit der Spielzeit 2016/17 ist Marie Rötzer künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten. Nun wurde ihr Vertrag bis Juni 2028 verlängert. Damit bleibt sie noch ein wenig in jener Stadt, in der ihre Theaterkarriere ihren Anfang nahm. Schon während ihres Studiums hatte sie am damaligen Stadttheater St. Pölten ein Engagement als Dramaturgin. Danach zog es sie in die Ukraine, nach Deutschland und nach Graz. In der der Spielzeit 2018/19, der letzten Saison vor den Pandemie-bedingten Schließungen, verzeichnete das Landestheater Niederösterreich die höchsten Besucher*innenzahlen in der Geschichte des Theaters.
Vielfalt und internationale Kooperationen
Ein Erfolg, der auch in der europäischen Ausrichtung des Hauses begründet sein könnte. Dieser möchte sich die Intendantin auch in Zukunft widmen: „Besonders wichtig war mir, ein europäisches Narrativ zu entwickeln - mit einem Theater, das nach Europa hinausschaut, das sich aber auch Europa hereinholt", sagt sie in einem Interview mit der APA. Das war auch in der aktuellen, noch jungen Spielzeit gut spürbar, die mit Rikki Henrys Inszenierung von „Othello“ eröffnet wurde. Es folgte die Premiere von Thomas Manns „Der Zauberberg“, eine Koproduktion mit dem Grand Théatre de la Ville de Luxemburg, und das Stück „Yellow von Luk Perceval, das gemeinsam mit dem NTGent entstanden ist. Asli Kislal inszenierte „Das kleine Gespenst“ von Otfried Preußler. Diese Vielfalt soll auch die Zukunft des Hauses prägen, wie Marie Rötzer gegenüber der APA erwähnt: „Besonders wichtig ist mir ein diverses Ensemble. Da werden wir noch mehr in die Mehrsprachigkeit gehen. Unsere Gesellschaft ist viel multilingualer als wir denken. Das macht ja Europa auch aus!" Außerdem sollen in den kommenden Saisonen vermehrt Themen wie Nachhaltigkeit, Klima und Umwelt eine wichtige Rolle spielen. Marie Rötzer kündigte zudem an, dass in der kommenden Spielzeit zu 90 Prozent Regisseurinnen am Haus arbeiten werden.
Castorf inszeniert in St. Pölten
Wenn alles gut geht, beginnt das neue Jahr am Landestheater Niederösterreich mit einem besonderen Coup: Am 29. Jänner soll laut Spielplan Regisseur Frank Castorf das Stück „Schwarzes Meeer" seiner früheren Lebensgefährtin Irina Kastrinidis zur Uraufführung bringen. „Ich habe ihm gleich gesagt, dass ich das Landestheater nicht sprengen werde, um es auf Burgtheater-Größe zu bringen", sagt die Intendantin im APA-Interview. „Aber ich denke, Castorf hat gerade deshalb so große Lust an unserem Haus zu arbeiten, weil es sich von den großen Tankern unterscheidet und dadurch für dieses intime, sehr persönliche Projekt eignet."
Zur Person: Marie Rötzer
Marie Rötzer studierte in Wien Theaterwissenschaft und Germanistik. Während ihres Studiums war sie am damaligen Stadttheater St.Pölten als Dramaturgin engagiert. 1996 reiste sie in die Ukraine und arbeitete dort als Lektorin an der Universität Czernowitz. 1997 wurde sie in Berlin am Maxim-Gorki-Theater als Dramaturgieassistentin und später als Dramaturgin engagiert. 2001 wechselte sie als Dramaturgin, dann als Chefdramaturgin ans Schauspielhaus Graz. Ab 2006 arbeitete sie im Team von Intendant Matthias Fontheim als Chefdramaturgin am Staatstheater Mainz. Von Dezember 2012 bis Juni 2015 war Marie Rötzer persönliche Referentin des Intendanten Joachim Lux am Thalia Theater in Hamburg. Seit der Spielzeit 2016/17 ist sie künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten.