„Ich hatte an 2022 echt gar keine Erwartungen“, eröffnet Stefanie Reinsperger unser Gespräch, das aufgrund ihrer 2021 begonnen Ermittlertätigkeit im Dortmunder „Tatort“-Team über Zoom stattfindet. Die bisherige Bilanz zeigt jedoch eindrucksvoll, dass die 34-Jährige mit diesem Gefühl alles andere als richtig lag: Buch geschrieben und veröffentlicht; Soloabend am Berliner Ensemble nicht nur gestemmt, sondern gerockt; Romy abgestaubt. Zusätzlich hat sich die in Baden bei Wien geborene Schauspielerin als Rosa Herzog in die Herzen unzähliger „Tatort“-Fans gespielt. Die ebenso toughe wie empathische Kommissarin wird Reinsperger wohl so schnell nicht mehr los. Und auch Phaidra bzw. Hippolytos – die Max-Reinhardt-Absolventin spielt in „Phaidras Liebe“ am Berliner Ensemble beide Rollen – werden sie noch ein Weilchen begleiten. Was im ersten Moment gefährlich nach zu schnellem Fahren auf der Überholspur klingt, ist von der Schauspielerin fein austariert.

Anzeige
Anzeige

„Sie gibt sich gerne her. Sie gibt sich aber nicht mehr gerne auf“, schreibt sie in ihrem Debüt „Ganz schön wütend“ über „die große blonde Frau mit Dutt“. Wie es gelingt, für eine Sache zu brennen, sich dabei aber nicht zu verbrennen, sei auch für sie immer noch ein Lernprozess. „Ich spiele schon gerne mit dem Feuer, und ich mag diesen Zwischenraum“, erklärt sie lachend. Sie erinnert sich in diesem Zusammenhang gerne an ihre erste Zusammenarbeit mit dem Regisseur Dušan David Pařízek, der vor etwa acht Jahren zu ihr sagte: „Steffi, ich glaube, du könntest so viel weiter springen, aber du traust dich noch nicht. Ich möchte, dass du weißt, dass ich hier stehe und dich fangen werde.“

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Anzeige
Anzeige
Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger

Foto: Sven Serkis

Obwohl sie für solche Momente gegenseitigen Vertrauens unheimlich dankbar ist, hat sich in dieser Beziehung einiges geändert. „Die große blonde Frau mit Dutt“ hat nun stets ihr eigenes Sicherheitsnetz dabei, das nach eigenen Angaben allerdings „sehr, sehr grobmaschig ist“. „Mir ist es immer lieber, ehrlich zu fallen als unehrlich zu schweben“, bringt sie ihre Herangehensweise auf den Punkt.

Ihre Spielwut, auf die sie auch in ihrem Buch immer wieder zu sprechen kommt, lässt sich nur schwer beschreiben. Spielen sei für sie ein „Urbedürfnis“, erklärt sie. Und die Bühne deshalb ein Ort, an dem sie viel seltener das Gefühl hat, falsch zu sein oder nicht hinzupassen. Kurz: eine Komfortzone, in der sie es sich aber keinesfalls gemütlich machen möchte.

„Ganz schön wütend“ ist ein Manifest für das Recht, wütend sein zu dürfen, wie auch ein mutiges Pamphlet gegen diskriminierende Strukturen und längst überholte Normkorsette. „Es geht nicht darum, alle in Grund und Boden zu schreien, sondern darum, auf ein Unrecht, das einem widerfährt, zu reagieren und den Mut zu haben, für sich einzustehen“, so Reinsperger, die in ihrem Buch unter anderem ihre Erfahrungen bei den Salzburger Festspielen beschreibt. Ob Schreiben und Spielen Gemeinsamkeiten haben? „Meine Lektorin meinte einmal zu mir, dass ich so schreibe, wie ich spiele“, antwortet sie lachend.

Kommende Lesungen mit Stefanie Reinsperger

  • 20.9.22 Berliner Ensemble, Berlin
  • 27.10.22 Cinema Paradiso, Baden
  • 30.10.22 Rabenhof, Wien
  • 27.11.22 Buch Wien 22, Wien
Buchcover „Ganz schön wütend" von Stefanie Reinsperger
Ein „Wut-Pamphlet“ nennt Stefanie Reinsperger ihr offenes und mutiges Debüt.

Foto: styriabooks.at

Zur Person: Stefanie Reinsperger

Die Max-Reinhardt-Absolventin ist Mitglied am Berliner Ensemble. Für ihre Rolle im Landkrimi „Flammenmädchen“ wurde sie erst kürzlich mit einer Romy ausgezeichnet. Außerdem ist sie Teil des Dortmunder „Tatort“-Teams. „Ganz schön wütend“, im April 2022 im Molden Verlag erschienen, ist ihr erstes Buch.