Madama Butterfly-Premiere: So schön war Oper lange nicht mehr
Die litauische Starsopranistin Asmik Grigorian eröffnete Montagabend an der Wiener Staatsoper mit der Titelpartie in Puccinis Oper fulminant die Ära von Direktor Bogdan Roščić.
Montagabend war ein besonderer Saisonauftakt in der Wiener Staatsoper: Nach dem coronabedingten Vorstellungsstopp fand erstmals wieder eine Vorführung statt. Das Staatsopern-Debüt der litauischen Operndiva Asmik Grigorian in Puccinis „Madama Butterfly“ bedeutet auch den Auftakt für den neuen Direktor der Wiener Staatsoper, Bogdan Roščić.
Und diese Madama Butterfly ist eine Sensation. Ein Feuerwerk an Bildern. Stimmen, die bis in die kleinste Rolle brillant besetzt sind. Ein Dirigent, der das Orchester führt und dem es bedingungslos gehorcht. Tränen der Freude und Rührung am Ende und das Wissen im Publikum, eine historische Aufführung gesehen zu haben.
Atemberaubende Präsenz von Grigorian
Regisseurin Carolyn Choa sagte im BÜHNE-Interview vorab: „Asmik Grigorian wurde geboren, um diese Titelrolle zu spielen.“ Stimmt. Die stimmliche und schauspielerische Präsenz ist atemberaubend. Sie verzaubert, sie berührt. Ihr Pinkerton – der junge Tenor Freddie De Tommaso – hat sich an diesem Abend in die Champions League gesungen: Eine Entdeckung von Bogdan Roščić und seinem Musikdirektor Philippe Jordan, der einmal mehr bewies, dass er einer der besten Dirigenten ist.
Eine Liga für sich ist freilich die Inszenierung von Caloyn Choa und ihrem verstorbenen Mann, dem Hollywoodregisseur Anthony Minghella („Der englische Patient“, „Der talentierte Mr. Ripley“, „Unterwegs nach Cold Mountain“).
Grenze zwischen Sein und Schein verschwimmt
Das Bühnenbild (Michael Levine) ist von so gewaltiger Schönheit und Schlichtheit, dass es sich auf der Festplatte der Zuschauer einbrennt. Die Kostüme (Han Feng) so prachtvoll und opulent, dass sie auf der Pariser Fashionweek eine Sensation wären.
Dazu die Puppenführer des Blind Summit-Theaters, die mit ihrer Kunst ebenso viel Emotionen wie Menschen aus Fleisch und Blut auslösen. Das Kind von Cio-Cio-San und Pinkerton ist diese Puppe. Drei Männer führen sie, und nach wenigen Minuten bemerkt man diese nicht mehr: So präzise wird gespielt, dass der Zuseher nicht mehr zwischen Sein und Schein unterscheiden will.
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Hochromantisch auch das Liebesduett im 1. Akt, dass von einem Lampionballett begleitet wird. Einprägsam auch jene Szene, in der zunächst nur wenige Kirschblüten von der Bühnendecke schweben und dann ein Blütenvorhang nach dem anderen fällt.
Das Fazit der BÜHNE-Redaktion: Besorgen Sie sich Karten oder schauen Sie das Meisterwerk in der ORF-TVthek nach.